Neues Fenster zum UniversumHimmelskarte zeigt mehr als 25.000 Schwarze Löcher
19. Februar 2021, von Anna Walter
Ein internationales Team von Astronomen unter der Leitung von Juniorprofessor Dr. Francesco de Gasperin, Wissenschaftler an der Hamburger Sternwarte und Mitglied des Exzellenzclusters Quantum Universe der Universität Hamburg, hat die größte und schärfste Himmelskarte im ultraniedrigen Radiofrequenzbereich erstellt. Die Karte wurde in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht und zeigt mehr als 25.000 aktive massereiche schwarze Löcher in fernen Galaxien.
Auf den ersten Blick sieht die Karte aus wie ein Bild des nächtlichen Sternenhimmels. Allerdings basiert sie auf Daten des Radioteleskops LOFAR, das seit etwa 10 Jahren betrieben wird, und ist eine Aufnahme des Himmels im Radiofrequenzbereich. Sterne sind in diesem Frequenzbereich fast unsichtbar, stattdessen dominieren sehr massereiche schwarze Löcher das Bild. Mithilfe dieser Karte versuchen die Astronomen Himmelsobjekte zu entdecken, die Wellen im niedrigfrequenten Radiobereich aussenden. Dazu zählen etwa diffuses Gas in der großräumigen Struktur des Universums, verblassendes Plasma, das von massereichen Schwarzen Löchern ausgestoßen wird, und Exoplaneten, Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, deren Magnetfelder mit ihren Muttersternen wechselwirken. Obwohl sie zu den größten Karten ihrer Art gehört, bildet die nun veröffentlichte Arbeit nur zwei Prozent des Himmels ab. Bis der gesamte Nordhimmel kartiert ist, wird es noch mehrere Jahre dauern.
„Die Karte ist das Ergebnis vieler Jahre Arbeit mit unglaublich schwierigen Daten. Wir mussten neue Strategien entwickeln, um die Radiosignale in Himmelskarten umzuwandeln und sind stolz darauf, dieses neue Fenster zu unserem Universum geöffnet zu haben", sagt Francesco de Gasperin, Wissenschaftler an der Hamburger Sternwarte und Hauptautor der Veröffentlichung. Die von LOFAR empfangenen Radiowellen, auf deren Grundlage die veröffentlichte Karte entstanden ist, sind bis zu sechs Meter lang. Das entspricht einer Frequenz von etwa 50 Megahertz. Es handelt sich dabei um die längsten Radiowellen, die jemals dazu verwendet wurden, einen so großen Bereich des Himmels in dieser Tiefe zu beobachten.
Das Universum ist in diesem Bereich nahezu unerforscht, weil Beobachtungen im niedrigfrequenten Radiobereich sehr schwierig sind. Grund dafür ist die sogenannte Ionosphäre, eine Schicht aus freien Elektronen, die die Erde umgibt. Sie wirkt wie eine Linse über dem Radioteleskop. Die Radiobeobachtungen sind also mit dem Versuch vergleichbar, vom Boden eines Schwimmbeckens aus die Welt oberhalb der Wasseroberfläche zu erkennen. Blickt man nach oben, beugen die Wasserwellen die Lichtstrahlen und verzerren die Sicht. Um die Effekte der Ionosphäre zu korrigieren, nutzten die Forschenden Supercomputer und neu entwickelte Algorithmen. Dadurch war es möglich, die störenden Einflüsse alle vier Sekunden im Verlauf von 256 Stunden Beobachtungszeit auszugleichen.
LOFAR ist derzeit das größte Radioteleskop, mit dem auf der Erde niedrige Radiofrequenzen gemessen werden können. Es besteht aus 52 Stationen in neun Ländern: Niederlande, Deutschland, Polen, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Irland, Lettland und Italien. LOFAR ist ein Gemeinschaftsprojekt von ASTRON, dem niederländischen Institut für Radioastronomie, und den Universitäten Amsterdam, Groningen, Leiden, Nijmegen sowie dem German Long Wavelength Consortium (GLOW), zu dem auch die Universität Hamburg gehört.
Publikation
Der Artikel ist unter https://arxiv.org/abs/2102.09238 verfügbar.