Serie: UHH-Gebäude in der Science City„Wir sind hier auf Augenhöhe mit Garching“
3. Februar 2025, von Claudia Sewig
Foto: UHH
Die Science City Hamburg Bahrenfeld ist der sich derzeit am schnellsten verändernde Wissenschaftsstandort Hamburgs. Dort Arbeitende stellen in loser Folge bereits bestehende oder geplante Forschungsbauten der Universität Hamburg vor – und was diese ausmacht. Heute: das Center for Free-Electron Laser Science CFEL, das Gebäude 61 mit PIER und die Start-up Labs Hamburg.
Center for Free-Electron Laser Science (CFEL): Zusammenschluss für die Laserforschung
Prof. Dr. Florian Grüner kommt aus dem Gebiet kompakter Röntgenquellen, die auf der Laserplasmabeschleunigung basieren. Da liegt es nahe, dass er in einem Gebäude arbeitet, das das Wort Laser bereits im Namen trägt. Das markante Center for Free-Electron Laser Science (kurz CFEL) im Norden der Science City mit dem massiven Sockelgeschoss und dem runden Bürokörper ist innen wie außen hell gestaltet – und fasziniert selbst Geschäftspartner aus der Industrie immer wieder, wie Grüner sagt: „Wir kooperieren mit den Big Playern wie Siemens Healthineers, Audi, Biontech. Wenn Gäste zu uns ins CFEL kommen, sind sie immer gleich beeindruckt! Das Gebäude spricht für sich – allein schon durch das riesige Volumen. Dazu sind alle Büros gläsern gehalten, das macht es total offen. Und alle paar Meter haben wir auf den Stockwerken Teebars, was richtig klasse ist. Dazu kommt noch ein eigenes Café im Erdgeschoß – was will man mehr bei dem Hamburger Wetter?“
Abseits von der architektonischen Gestaltung ist das CFEL ein weltweit einmaliges Kompetenzzentrum für die Forschung an Lichtquellen der neuesten Generation. Es wurde als Kooperation vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY), der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und der Universität Hamburg gegründet. Ziel ist es, neues Grundlagenwissen für die Entwicklung künftiger Materialien sowie Medikamente zu erschließen und Basiswissen für die Informationstechnologie und Energietechnik zu schaffen.
Florian Grüner leitet eine von sechs universitären Arbeitsgruppen im CFEL. Seine Gruppe hat sich im Wesentlichen auf die Anwendungen von neuartigen kompakten Röntgenquellen fokussiert – und da als wichtigste Anwendung auf das sogenannte biomedical imaging – und kooperiert hierbei eng mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). „Zusammen mit der Gruppe von Dr. Neus Feliu aus dem CHyN sind wir als einzige Physikgruppe Teil eines vom UKE geleiteten Sonderforschungsbereichs, der gerade genehmigt worden ist: ‚Immune Regulation in the Liver: from Homeostasis to Disease‘. Ziel ist das Tracking von Immunzellen mit einer völlig neuen Methode, nämlich über die Nachverfolgung von speziell gelabelten Antikörpern, die spezifisch an bestimmte Immunzellen andocken sollen. Es ist eine tolle Möglichkeit, unser innovatives Bildgebungsverfahren, die sogenannte Röntgenfluoreszenz, in der biomedizinischen Forschung einzusetzen“, sagt Grüner.
Den Zusammenschluss von UHH, DESY und MPG in einem Gebäude schätzt er dabei besonders: „Es ist cool, wenn man bei Detailfragen einfach ein Stockwerk höher geht und dort die Expertise zusammensitzt.“ Um Experimente an der DESY-Synchrotronstrahlungsquelle zu machen, müsse man auch nur über die Straße gehen – auch wenn das für Grüners Arbeitsgruppe vielleicht in Zukunft nicht mehr so oft nötig sein wird: „Wir arbeiten mit Siemens Healthineers zusammen und haben bereits zwei Prototypen von Laborquellen entwickelt, mit denen man unsere spezielle Röntgenfluoreszenz-Bildgebung mit derselben Genauigkeit messen kann wie am Synchrotron – und die sind nur so groß wie große Kühlschränke. Das ist ein riesiger Durchbruch, auch wenn die Messzeit derzeit noch etwa zehnmal länger als am Synchrotron dauert.“ In der Science City Hamburg Bahrenfeld würden sie sich aber auch weiterhin richtig angesiedelt fühlen: „Ich komme ja aus München und saß da in Garching, was oft als Maß aller Dinge angesehen wird. Aber unsere unglaubliche Vielfältigkeit an Disziplinen in Bahrenfeld ist sicherlich auf Augenhöhe mit Garching“, so Grüner.
Gebäude 61: Eines der ältesten Gebäude – und mit Kunstwerk
Rein optisch gesehen gibt es in der Science City Hamburg Bahrenfeld weitaus ansprechendere Bauten, das wird wohl niemand bestreiten. „Dennoch ist das Gebäude 61 etwas Besonderes“, sagt Dr. Marion Stange. Sie ist als Koordinatorin in der PIER-Geschäftsstelle in dem zweigeschossigen Gebäude tätig, in dem sich unter anderen auch noch Räume des Fachbereichs Physik und von DASHH finden, der Data Science in Hamburg Helmholtz Graduate School for the Structure of Matter. PIER ist die 2011 vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) und der Universität Hamburg gegründete strategische Partnerschaft „Partnership for Innovation, Education and Research“, deren Ziel es ist, die Zusammenarbeit der beiden Partnerinstitutionen in den Bereichen Forschung, Nachwuchsförderung und Transfer/Innovation zu fördern.
„Es gibt gleich mehrere Besonderheiten, die das Gebäude 61 auszeichnen: Zum einen ist es eines der ältesten Gebäude auf dem Gelände. Auf einem Foto des Geländes von 1963 ist es neben dem gerade fertiggestellten ersten Teilchenbeschleunigerring bereits in voller Pracht zu sehen“, sagt Marion Stange. Besonders sei das Gebäude auch, weil es mit dem 1965 von Ragna und Hans Sperschneider geschaffenen Kunstwerk „Blasenkammer“, das neben dem Eingang angebracht ist, ein gelungenes Beispiel für Kunst im öffentlichen Raum biete. „Und drittens sticht das Gebäude 61 heraus, weil es bislang das einzige Uni-Gebäude in der Science City Hamburg Bahrenfeld mit einem klassischen Hörsaal ist. Das wird sich in der Zukunft natürlich ändern – aber bis es soweit ist und weitere Hörsaalgebäude in Bahrenfeld stehen, werden noch einige Kohorten von Physik-Studierenden den besonderen Charme des Hörsaals genießen dürfen.“
Das Schönste an ihrer Arbeit in der Science City sei das Privileg, mit Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, die für ihre Tätigkeiten leidenschaftlich brennen, sagt Marion Stange. „Der heute oft beschworene ‚Purpose‘, also das sinnstiftende Element unserer Arbeit, ist hier sowohl bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als auch bei den Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung allgegenwärtig. Darüber hinaus schätze ich die Internationalität der Science City Hamburg Bahrenfeld, in der Menschen aus aller Welt forschen und arbeiten. Dadurch ist sie zweifellos einer der weltoffensten Orte in ganz Hamburg.“
Start-up Labs Hamburg: Ein erster Baustein, um ein Innovations-Ökosystem zu schaffen
Selbst erst Mitte 2021 eröffnet sind die Start-up Labs Hamburg die Heimat von derzeit mehr als 30 Start-ups, von denen einige gerade erst gegründet worden sind, sagt Denny Droßmann, der Geschäftsführer der Start-up Labs Hamburg. „Wir sind Betreiber des Gebäudes und damit Vermieter für Deeptech- und Hightech-Start-ups, die alle aus dem Forschungsumfeld kommen. Wir sind der erste Baustein von mehreren in der Science City, um hier ein Innovations-Ökosystem zu schaffen“, so Droßmann.
Das Joint Venture der Universität Hamburg, des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) und der Stadt Hamburg hat seinen Standort an der Luruper Hauptstraße. Droßmann: „Das Tolle ist, dass wir damit eine Doppelrolle haben: Zum einen haben wir eine Adresse nach außen, aber mit der anderen Hälfte sitzen wir auf dem Forschungscampus. Das ist sehr sinnbildlich für ein Start-up Lab.“ Das viergeschossige, helle Gebäude hat der Diplom-Ingenieur als Entwurf übernommen und konnte noch seine eigenen Ideen einbringen: „Dafür habe ich mir viele andere Standorte und ähnliche Zentren angesehen, in Deutschland und auch im europäischen Ausland“. Herausgekommen ist ein modernes Gebäude, in dem 50 Prozent der Fläche Labor- und Werkstattflächen sind. Auch wenn nicht alle so high-end ausgestattet sind wie Forschungslabore, gebe es jedoch zum Beispiel auch Laserlabore, die hohe Ansprüche an Erschütterungsarmut, Luftreinheit oder Temperaturstabilität erfüllten, so Droßmann.
Insgesamt kämen viele der hier angesiedelten Start-ups aus dem Bereich der Physik. Aber auch Unternehmen aus dem Bio-Bereich, der Medizin oder den Lifesciences allgemein sind vertreten. „Das Haus ist relativ flexibel gestaltet, besonders im Werkstatt- und Laborbereich, und wir als Betreiber sind auch sehr aufgeschlossen. Wir können recht kurzfristig entscheiden, wenn jemand am nächsten Tag einen Raum buchen möchte. Das ist auch ein Alleinstellungsmerkmal hier auf dem Campus, dass wir so dynamisch sein können“, sagt Droßmann.
Die Science City Hamburg Bahrenfeld
Direkt am Volkspark Altona gelegen, entsteht im Hamburger Westen auf 125 Hektar die Science City Hamburg Bahrenfeld. Bereits jetzt sind auf dem Forschungscampus neben der Universität Hamburg namhafte Einrichtungen wie das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), die European X-Ray Free-Electron Laser GmbH, das Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie oder das European Molecular Biology Laboratory vertreten. Zudem sind zwei der vier Exzellenzcluster der Universität hier ansässig: „CUI: Advanced Imaging of Matter“ und „Quantum Universe“.
Und das Gebiet wächst weiter: Bis 2040 sollen Forschung, Ausbildung und Unternehmen durch lebendige Wohnquartiere, Sport-, Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten ergänzt werden. Ein Autobahndeckel über der A7 und die Verlegung der Hamburger Trabrennbahn sollen den Bau von rund 3.800 neuen Wohnungen und zwei Schulen ermöglichen.
Verantwortlich für die Entwicklung des Geländes ist die Science City Hamburg Bahrenfeld GmbH. Sie betreibt ein Infocenter, das neben Informationen für Besucherinnen und Besucher auch geführte Spaziergänge über das Gelände anbietet. Ohne Voranmeldung können interessierte Bürgerinnen und Bürger jeden Donnerstag um 18 Uhr an einem Rundgang teilnehmen. Die Führungen sind kostenlos; Startpunkt ist am Infocenter Science City, Albert-Einstein-Ring 8-10. Mehr Informationen finden sich auf der Homepage.