Willkommen an Bord„Wir müssen besser verstehen, wie sich Desinformation durch Sprache, Bilder und Videos verbreitet“
11. Dezember 2024, von Viebahn/Red.
Foto: UHH/Göttling
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Philosoph Prof. Dr. Emanuel Viebahn.
Prof. Dr. Emanuel Viebahn ist zum Wintersemester von der Freien Universität Berlin gekommen und hat an der Fakultät für Geisteswissenschaften eine Professur für Philosophie, insbesondere Sprachphilosophie, angetreten.
Mein Forschungsgebiet in drei Sätzen:
In meiner Forschung geht es um sprachliche Bedeutung, um die Handlungen, die wir mit unseren Äußerungen vollziehen, und um die Anwendung dieser Forschung auf philosophische Probleme und soziale Phänomene. Derzeit arbeite ich vor allem zu Formen semantischer Variabilität (Wie hängt der Inhalt eines Ausdrucks vom Äußerungskontext ab?), zu unehrlicher Kommunikation (Wie unterscheidet sich eine Lüge von einer irreführenden Äußerung? Ist dieser Unterschied moralisch relevant?), zur Philosophie der Fiktion (Was für Handlungen vollziehen wir, wenn wir Geschichten erzählen?) und zum Verhältnis von sprachlicher und bildlicher Kommunikation (Kann ich mithilfe eines Bildes eine Behauptung aufstellen?).
Und so erkläre ich meiner Familie, worum es da geht:
Wie die verschiedenen Gebiete der Sprachphilosophie zusammenhängen, lässt sich am Beispiel des Lügens und Irreführens erklären. Diese Phänomene sind uns aus dem Alltag wohlbekannt, aber es ist nicht leicht, sie präzise zu beschreiben. Außerdem werfen sie schwierige moralische Fragen auf: Spricht immer etwas gegen eine unehrliche Äußerung? Und, falls ja, ist eine irreführende Äußerung manchmal weniger schlecht als eine Lüge?
Um diese Fragen zu beleuchten, müssen wir uns zunächst mit einer Frage der Pragmatik beschäftigen: Worin unterscheiden sich die Handlungen des Lügens und Irreführens? Ist der entscheidende Unterschied, dass bei einer Lüge der für falsch gehaltene Inhalt wörtlich ausgedrückt wird, also in den verwendeten Worten steckt? Dafür wiederum müssen wir die Bedeutung der verwendeten Worte kennen, und sind damit beim Gebiet der Semantik angekommen.
Darum freue ich mich auf Hamburg – auf die Stadt und die Universität:
In Hamburg gibt es hervorragenden Kaffee! Das ist ein guter Indikator für eine insgesamt hohe Lebensqualität und passt auch zu meinen bisherigen Erfahrungen an der Elbe. Von der Universität, dem Fachbereich Philosophie und den Studierenden bin ich schon jetzt begeistert, und ich freue mich auf das gemeinsame Nachdenken in diesem stimulierenden Umfeld.
Das sind meine Pläne an der Uni Hamburg:
In meiner Forschung kooperiere ich häufig mit anderen Disziplinen. Auch in Hamburg bietet sich das an, da beispielsweise am Institut für Germanistik und am Institut für Medien und Kommunikation verwandte Fragen bearbeitet werden. Erste Kooperationen sind hier bereits im Entstehen, beispielsweise zur visuellen Kommunikation.
Darum sollten Studierende unbedingt meine Veranstaltungen besuchen:
Die Sprachphilosophie ist ein vielseitiges Studiengebiet, in dem es noch viel zu entdecken gibt. Einerseits ist Sprache als Untersuchungsgegenstand faszinierend. Wir verwenden Sprache täglich, aber es ist erstaunlich schwierig zu sagen, was für Handlungen wir dabei eigentlich vollziehen und welche wir vollziehen sollten. Andererseits bietet die Sprachphilosophie hilfreiche Werkzeuge zum Lösen philosophischer Probleme – und diese kommen dann in fast allen Gebieten der Philosophie zum Einsatz.
Blick in die weite Welt – mit diesen internationalen Einrichtungen, Universitäten oder Institutionen arbeite ich zusammen:
Ein Beispiel für internationale Zusammenarbeit ist die Philosophy of Language Association (PLA), die ich vor drei Jahren mit sechs Kolleginnen und Kollegen aus den USA, Großbritannien und Deutschland gegründet habe. Für Konferenzen haben wir uns zuletzt in Amherst (Massachusetts) und Berlin getroffen. Ich freue mich darauf, bald eine Konferenz der PLA in Hamburg abzuhalten und den anderen Sprachphilosoph:innen den besten specialty coffee zu zeigen.
Darum ist meine Forschung für die Gesellschaft wichtig – zur Lösung dieser Probleme könnte meine Forschung beitragen:
Da Sprache für die Gesellschaft wichtig ist, gilt das auch für die Sprachphilosophie. Denken Sie etwa an Desinformation im politischen Diskurs. Es ist offensichtlich, dass hier etwas getan werden muss. Aber dafür müssen wir zunächst besser verstehen, wie sich Misinformation durch Sprache, Bilder und Videos verbreitet. Ich hoffe, meine Forschung kann dazu einen kleinen Beitrag leisten.