Studentische ForschungsgruppeUHH-Studierende präsentieren neuartige Wundauflage beim iGEM-Wettbewerb in Paris
21. Oktober 2024, von Lennart Wichmann
Ein Team von Studierenden der Universität Hamburg arbeitet an einem Produkt zur Behandlung von Brandverletzungen. Im Rahmen des iGEM-Wettbewerbs (international Genetically Engineered Machine) entwickelt die Forschungs- und Projektgruppe das „reSkin“-Hydrogel – eine flexible, proteinbasierte Wundauflage.
Jedes Jahr erleiden weltweit mehr als 11 Millionen Menschen Brandverletzungen. Rund 180.000 von ihnen sterben an den Folgen. Diese alarmierenden Zahlen motivierten ein junges Forschungsteam aus dem Bereich synthetische Zellbiologie, ein spezielles Hydrogel zu entwickeln. Damit hat sich das Team in diesem Jahr beim iGEM-Wettbewerb beworben, auf dessen Finale sich die Studierenden seit einem Jahr mit ihrem Produkt und der damit verbundenen Projektarbeit vorbereiten.
„Unser Ziel ist es, eine kostengünstige und weniger schmerzhafte Behandlungsmethode zu schaffen, die unnötige Operationen vermeidet“, erklärt Teamleiterin Greta Stoltmann. Neu an dem Hydrogel ist die Kombination mehrerer Komponenten: Resilin, ein elastisches Protein aus Libellen, welches auch als Inspiration für das Logo gedient hat, sorgt für Flexibilität, während Hyaluronsäure die Wundheilung unterstützt.
Weitere Inhaltsstoffe sind das entzündungshemmende Astaxanthin, das Antioxidans Vitamin E und Bromelain, ein Enzym, das die Durchblutung fördert und dadurch ermöglicht, den Schweregrad der Verbrennung zu bestimmen – je nachdem ob das Gewebe noch durchblutet ist. Die Kombination dieser Inhaltsstoffe und Behandlungsmethoden macht das Hydrogel zu einem innovativen Produkt in der Wundbehandlung.
Projektprozess mit Höhen und Tiefen
Die Entwicklung verlief jedoch nicht ohne Herausforderungen. „Finanzielle und deshalb auch technische Engpässe im Labor haben es dem Team in diesem Jahr nicht leicht gemacht“, berichtet Lisa Siemers, die die Gruppe als Betreuerin unterstützt. Sie hat im letzten Jahr mit dem iGEM-Projektteam von 2023 die Goldmedaille beim großen Finale in Paris gewonnen und steht dem diesjährigen Team mit Rat und Tat zur Seite. „Von der Projektidee bis zur Präsentation ist es ein ziemlicher Wellenritt. Es ist ganz normal, dass es Höhen und Tiefen gibt“, fügt sie hinzu.
Die Teilnahme am Wettbewerb wurde auch dieses Jahr vom Dekanat der MIN-Fakultät ermöglicht, wofür die Studierenden sehr dankbar sind. Durch iGEM-Sponsoren des letzten Jahres stehen der Projektgruppe bereits Materialien und Geräte zur Verfügung. Dennoch ist die Beschaffung von spezifischem Laborbedarf beschwerlich. Boy Hansen, der für die Laborplanung zuständig ist, und Greta Stoltmann vermuten, dass die geringen finanziellen Mittel auf die wirtschaftlich schwierige Lage vieler Unternehmen zurückzuführen sein könnte: „Wir müssen in diesem Jahr viel aus kleineren Spenden finanzieren, die leider recht gering ausgefallen sind.“ Trotz allem lassen sich die Studierenden nicht unterkriegen und versuchen mit allen Mitteln „reSkin“ umzusetzen.
Prof. Dr. Michael Kolbe, Abteilungsleiter am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und Professor an der Universität Hamburg sowie seit 2021 offizieller Leiter der iGEM-Forschungsgruppe, möchte daher das Team in Zukunft verstärkt für die Suche nach finanziellen Fördermitteln motivieren: „Hamburg ist eine wohlhabende Stadt mit vielen finanzstarken Akteuren, die durchaus bereit sind, Forschungsprojekte wie iGEM zu unterstützen.
Große Vorfreude auf den Wettbewerb
Die Projektgruppe des „reSkin“-Hydrogels blickt trotzdem mehr als optimistisch auf die bevorstehende Präsentation beim Finale des iGEM-Wettbewerbs in Paris. „Die Chance, unser Projekt vor einem internationalen Publikum zu präsentieren, ist eine große Motivation“, so Greta Stoltmann. Vom 23. bis 26. Oktober werden sie neben 400 weiteren Teams und vor mehr als 7500 Personen aus Forschung, Wirtschaft und Politik ihr Projekt präsentieren. „Das iGEM-Jahr ist eine super Erfahrung um Projektplanung, Projektdesign und Umsetzung zu üben und das Finale ist die Belohnung“, fügt Emily Bärmann hinzu.
Dass Hamburg jedes Jahr beim iGEM-Wettbewerb vertreten wird, bedeutet nicht nur wissenschaftliche Leistungen zu präsentieren, sondern auch die Attraktivität und den Ruf Hamburgs als erstklassige Forschungs- und Innovationsstadt zu fördern. Dies bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Förderung von Wissenschaft, Netzwerkbildung und internationale Sichtbarkeit.
iGEM als Sprungbett für Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler
„Im Grunde macht die studentische Forschungsgruppe im Kleinen das, was später in einer universitären Forschungsgruppe im Großen gemacht wird“, sagt Prof. Dr. Michael Kolbe in Bezug auf den Lerneffekt für Studierende, die sich bei iGEM engagieren.
Die Teilnahme am iGEM-Wettbewerb ermöglicht den Studierenden weit mehr als nur Laborerfahrung zu sammeln. Sie erwerben zugleich wertvolle Kompetenzen in Teammanagement, Öffentlichkeitsarbeit und internationaler Vernetzung. „Hier lernen die Studierenden, was es bedeutet, Verantwortung für ein Forschungsprojekt zu übernehmen – eine Erfahrung, die über das hinausgeht, was Praktika oder Vorlesungen bieten können“, betont Prof. Dr. Michael Kolbe. Der Wettbewerb ist facettenreich und fördert eine Vielzahl an Fähigkeiten, die die Teilnehmenden auf ihrem zukünftigen Karriereweg unterstützen.
Engagierte Studierende gesucht!
Das iGEM-Team arbeitet unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Kolbe im „Centre for Structural Systems Biology“ (CSSB) in der Science City Bahrenfeld. Jedes Jahr wählt die Gruppe ihr Forschungsthema selbstständig aus und übernimmt eigenverantwortlich Aufgaben wie Finanzierung, Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement. Die Ergebnisse der Projekte werden im Herbst auf dem Grand Jamboree in Paris präsentiert. Interessierte Studierende sind eingeladen, sich per E-Mail (igem"AT"uni-hamburg.de) zu melden oder an der Infoveranstaltung am 30.10.2024 um 18 Uhr im Seminarraum 39/40 des Instituts für Technische und Makromolekulare Chemie (TMC) teilzunehmen.