Öffentliche Vortragsreihe ab 24. OktoberWie lebendig ist die Elbe?
17. Oktober 2024, von Claudia Sewig
Foto: Pixabay/Rikkerst
Wetterextreme, wirtschaftliche Nutzung oder Schadstoffbelastung: Die Elbe und ihre Bewohner müssen sich vielen Einflüssen stellen. In einer öffentlichen Vorlesungsreihe an der Universität Hamburg erläutern Expertinnen und Experten unterschiedliche Aspekte, von der Bedeutung des Auenwaldes über Schadstoffbelastung und Artenschwund bis zum Klimawandel und Hochwasserschutz.
Sie entspringt im Riesengebirge in Tschechien, mündet bei Cuxhaven in die Nordsee und fließt auf ihrem 1094 Kilometer langen Weg auch durch Hamburg: Die Elbe ist der neuntlängste Fluss in Europa. Gerade erst wieder hat extremer Dauerregen in Osteuropa den Pegelstand der Elbe stark steigen lassen und zu teils verheerenden Überschwemmungen geführt. Bei einer öffentlichen Vorlesungsreihe an der Universität Hamburg zur Elbe sind daher Klimawandel, Wetterextreme und Hochwasserschutz wichtige Themen.
Darüber hinaus geht es aber auch um die Artenvielfalt in der Unter- oder auch Tideelbe – also dem Abschnitt der Elbe zwischen der Staustufe Geesthacht und Cuxhaven – und entlang der Mittelelbe, also oberhalb der Staustufe. Hierüber forschen an der Uni Hamburg unter anderem Dr. Kristin Ludewig und Dr. Veit Hennig , die über ihre Projekte Vorträge halten werden.
Dr. Kristin Ludewig: „Auenwald ist extrem selten geworden“
Dr. Kristin Ludewig aus der Arbeitsgruppe Angewandte Pflanzenökologie am Institut für Pflanzenwissenschaft und Mikrobiologie spricht am 24. Oktober 2024 zum Thema „Warum wir mehr Auenwald brauchen – Forschungsergebnisse und Umsetzungsempfehlungen des MediAN-Projektes“. Von 2017 bis 2023 hat sie sich im Rahmen des Projekts damit beschäftigt, welche Biodiversität Auenwälder an der Mittelelbe aufweisen und welche Ökosystemfunktion sie erfüllen.
„Auenwald ist extrem selten geworden“, sagt die Wissenschaftlerin. „An der Mittelelbe wächst nur noch auf einem Prozent der ursprünglichen Fläche Auenwald. Und 80 Prozent der Auen stehen heute nicht mehr dem Hochwasser zur Verfügung.“ Die Fragmente, die es noch gebe, seien extrem wichtig für die Diversität – die Pflanzen wachsen dort, weil sie an die wechselnden Wasserstände angepasst sind. Und durch die hohe Pflanzenartenvielfalt ergibt sich dort auch eine hohe Tiervielfalt.
„Auch aus Klimaschutzsicht sind Hartholzauenwälder extrem wichtig: Dort, wo sie noch regelmäßig überflutet werden, speichern sie rund 300 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar im Boden und in den Bäumen. Das ist für terrestrische Lebensräume sehr viel und kommt gleich nach den Mooren mit 600-800 Tonnen“, so Ludewig. Daher spricht sie sich für mehr Fläche für Auenwälder und Rückdeichungen, also die Verlegung der Deiche weiter ins Binnenland, aus.
Dr. Veit Hennig: „Kollaps der Arten“
Dr. Veit Hennig vom Institut für Zell- und Systembiologie der Tiere des Fachbereichs Biologie forscht unter anderem in den Bereichen Seevogelbiologie und Stadtökologie, an Flussseeschwalben und Schweinswalen (auch in der Elbe) sowie zu Verteilungsmustern von Arten im urban/ruralen Umfeld Hamburgs. Er behandelt in der Vortragsreihe am 21. November 2024 das Thema „Artenschwund in der Unterelbe“.
Der Wissenschaftler dokumentiert die Artenzusammensetzung in Deutschlands größtem Ästuar, also dem Mündungsbereich der Elbe in die Nordsee, schon lange: „Die Elbe ist zwischen Geesthacht und der Nordsee kein Fluss, sondern eine Tidebecken. Dieses hat eine große Faszination – wenn auch eine morbide.“ Denn man sehe hier, so Hennig, einen „Kollaps der Arten“. Die Bestände von Kormoranen, Schweinswalen und durchziehenden Zwergmöwen etwa nähmen immer weiter ab.
Alles hänge vom Stint ab: Die Bestände der Fischart hätten sich zwar nach Inkrafttreten der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser 1991 erholt, seien aber 2016 zusammengebrochen. 2024 hätte das größte Sauerstoffloch in der Elbe seit 25 Jahren den Beständen zusätzlich zugesetzt. Hennig: „Wir sind verantwortlich für diesen Lebensraum. Da wir die Zeit und die Bedingungen in der Elbe nicht zurückdrehen können, müssen wir jetzt sehen, was wir Neues für die dort lebenden Arten schaffen können.“
Termine und Informationen
Die Öffentliche Vortragsreihe der Universität Hamburg in Kooperation mit dem BUND Hamburg findet ab dem 24.10.2024 jeden zweiten Donnerstag von 18:30 bis 20 Uhr in der Uni Hamburg (Hörsaal ESA M, Edmund-Siemers-Allee 1) statt. Die weiteren Termine: 7.11., 21.11., 5.12. und 19.12.2024. Die Vorlesungen sind kostenfrei und können ohne Anmeldung besucht werden. Weitere Informationen zum Programm finden sie auf den Seiten des BUND Hamburg.