Zwischen Hausarbeiten und Olympia: Studierende im Leistungssport„Wir möchten um Medaillen mitfahren“
16. Juli 2024, von Anna Priebe
Foto: privat
Vom 26. Juli bis 11. August 2024 finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Im deutschen Team werden auch Studierende der Uni Hamburg um Medaillen kämpfen. Insgesamt sind an der UHH 30 Leistungssportlerinnen und -sportler immatrikuliert. Drei von ihnen berichten, wie sie Studium, Training und Wettkämpfe vereinbaren. Dieses Mal Ruderer Tim Ole Naske.
Alter: 28 Jahre
Sportart: Rudern (Doppelvierer)
Studiengang: Rechtswissenschaft
Bisherige Erfolge u. a.: Silber bei den Europameisterschaften 2023, Europameister im Doppelzweier 2019, U23-Weltmeister im Einer 2016
Spitzensport und Studium laufen bei mir schon immer parallel. Ich habe 2017 mein Studium angefangen und bin gleichzeitig in die A-Nationalmannschaft im Rudern aufgestiegen. Ein Ruderkamerad, der schon sein Staatsexamen hatte, hat mir damals eigentlich von Jura abgeraten. Heute muss ich sagen: Er hatte schon Recht. Das Studium ist sehr zeitaufwendig und auch psychisch belastend, vor allem das Staatsexamen. Daher achte ich inzwischen sehr auf Ausgleich und Regeneration – auch, wenn das bedeutet, dass ich weniger Kurse belege und das Studium länger dauert.
Zum Glück ist die Unterstützung der Uni und der Fakultät genial. Es war schon vor Corona möglich, Klausuren online zu schreiben. Zudem gibt es in meinem Studiengang kaum Anwesenheitspflichten, was super ist, da ich die meiste Zeit auf dem Ruderstützpunkt in Ratzeburg bin und viel mobil studiere bzw. lerne. Wir haben einen hohen Trainingsaufwand mit drei Einheiten am Tag, was mit einem starren Studienplan kaum zu vereinbaren wäre.
So studiere ich Vollzeit, belege aber nicht alles, was möglich wäre. Das Studi-Leben fehlt mir dabei nicht wirklich, denn ich erlebe durch den Sport tolle Sachen und komme viel rum. Klar sehe ich, dass manche Kommilitonen schon viel weiter sind im Studium, aber ich bereue die Entscheidung für den Sport nicht. Es ist aber schon cool, sich mit anderen Studierenden auszutauschen. Sie sind oft sehr beeindruckt davon, was ich neben dem Studium im Sport leiste, und ich ziehe den Hut davor, dass sie ihr Studium in Regelstudienzeit absolvieren.
In diesem Semester liegt der Fokus gerade voll und ganz auf Paris
Nach den Olympischen Spielen plane ich, ein Jahr Pause im Sport einzulegen und mich voll auf das Staatsexamen zu konzentrieren. In diesem Semester liegt der Fokus aber gerade voll und ganz auf Paris. Meine Bootsklasse – der Doppelvierer – ist qualifiziert und ich bin sicher dabei, wenn ich mich nicht noch verletze. Ich war schon bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio dabei, aber damals war wegen der Pandemie kein Publikum vor Ort. Insofern sind es jetzt eigentlich meine ersten richtigen Spiele. Darauf freue ich mich sehr, denn diese Wettkämpfe haben schon immer einen ganz eigenen Drive.
Eigentlich schaut man vor Olympia auf die Saison und überlegt, welcher Platz realistisch ist. Allerdings ist unser Schlagmann Anfang der Saison ausgefallen, war zwei Monate krank und ist erst seit zwei Wochen wieder fit. Mit dem Rennen in Polen Mitte Juni hatten wir den ersten gemeinsamen Wettkampf seit langem, quasi unsere Generalprobe. Jetzt wissen wir, wo wir stehen. Für mich ist klar: Wir möchten um Medaillen mitfahren.
Der Moment vor dem Start beim Rudern ist übrigens sehr ähnlich zu dem, wenn ich vor einer Klausur am Platz sitze und darauf warte, dass ich das Aufgabenblatt umdrehen darf. Dieses Gefühl der Aufregung! Wenn ich dann merke, ich komme gut in ein Rennen rein oder ich kann die gestellte Aufgabe lösen, dann kommt so ein inneres Lächeln – und ich hoffe, dass das bei Olympia und im Examen auch so ist.