Zwischen Hausarbeiten und Olympia: Studierende im Leistungssport„Ich hätte die Zeit geschafft, aber dann kam die Verletzung“
10. Juli 2024, von Anna Priebe
Foto: Kai Peters
Vom 26. Juli bis 11. August 2024 finden in Paris die Olympischen Spiele statt. Im deutschen Team werden auch Studierende der Uni Hamburg um Medaillen kämpfen. Insgesamt sind an der UHH 30 Leistungssportlerinnen und -sportler immatrikuliert. Drei von ihnen berichten, wie sie Studium, Training und Wettkämpfe vereinbaren. Dieses Mal Mittelstreckenläuferin Alina Ammann.
Alter: 26 Jahre
Sportart: Leichtathletik (800-Meter-Mittelstrecke)
Studienfach: Master Psychologie mit Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie
Bisherige Erfolge u. a.: Deutsche Meisterin 2023 (800 Meter), Schleswig-Holsteins Sportlerin des Jahres 2023, Deutsche Hallenmeisterin 2024 (800 Meter)
Um sich über meine Distanz für Olympia zu qualifizieren, muss man die 800 Meter in 1:59,3 Minuten laufen. Ich bin amtierende Deutsche Meisterin über diese Distanz in der Halle und draußen und bin mir sicher, dass ich die Zeit geschafft hätte. Aber dann bekam ich im April so starke Schmerzen in der Hüfte und im Becken, dass ich nicht laufen konnte und habe seitdem keinen Wettkampf mehr bestritten.
Besonders hart ist, dass ich mein Potenzial kenne und es nicht zeigen kann. Hinzu kommt, dass ich den Sport, den ich liebe, nicht ausführen kann. Er ist der Mittelpunkt meines Lebens, die Sache, die ich am liebsten mag. Wenn ich gefrustet bin, gehe ich laufen – und genau das kann ich momentan nicht. Inzwischen habe ich aber einen guten Umgang damit gefunden.
Meine Kurse für das Sommersemester hatte ich vor der Verletzung gewählt. Daher habe ich vergleichsweise wenig Seminare belegt, denn in dieser wichtigen Saison wollte ich mich voll auf den Sport konzentrieren. Jetzt fokussiere mich gerade sehr auf das Studium und merke, wie gut es mir tut. Es macht mir Spaß, entspricht meinen Interessen und ist jetzt im Master auch sehr anwendungsorientiert. Es hilft mir, dass ich mehrere Standbeine habe und nicht nur Sportlerin bin.
„Mein Studium dauert länger, aber das ist ok, weil ich die Prioritäten selbst so setze“
Trotzdem ist es eine Herausforderung, Studienalltag und Leistungssport zu vereinbaren. Ich studiere in Teilzeit, aber die Uni gibt den Stundenplan vor und verschiebt Seminare natürlich nicht entsprechend meines Trainingsplans. Das bedeutet, dass ich die Vorlesungen mit mindestens einem Training pro Tag, regelmäßigen Termine wie Physiotherapie und zusätzlichen Verpflichtungen, zum Beispiel Sponsorengesprächen, vereinbaren muss. Hinzu kommt, dass es in meinem Studium viele Veranstaltungen mit Präsenzpflicht gibt. Als Leistungssportlerin darf ich zwar etwas häufiger fehlen, muss dann aber Ersatzleistungen erbringen. Prüfungen schreibe ich im Zweifel zum zweiten Termin oder verschiebe sie ein Semester. Dadurch dauert das Studium zwar länger, aber das ist ok, weil ich die Prioritäten selbst so setze.
Ich werde oft gefragt, ob ich später Sportpsychologin werden möchte. Aktuell ist es nicht mein Berufsziel, aber es kann schon sein, dass ich dort lande, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig die mentale Einstellung ist. Im Studium selbst hatte ich noch keinen Kontakt zu Inhalten aus der Sportpsychologie, aber andere Aspekte aus der therapeutischen Arbeit sind auch für den Sport interessant, zum Beispiel Achtsamkeit, Gelassenheit oder die Arbeit am eigenen Selbstvertrauen.
Die Olympischen Spiele werde ich auf jeden Fall im Fernsehen schauen. Kurz nach der Verletzung ist es mir etwas schwergefallen, die abgesagten Wettbewerbe zu verfolgen, aber mittlerweile habe ich Abstand und der Sport interessiert mich auch zu sehr. Ich fiebere mit meinen deutschen Teamkolleginnen und -kollegen mit und wünsche ihnen viel Erfolg. Und vor allem freue ich mich sehr auf die Wettkämpfe, die ich hoffentlich im Sommer wieder laufen kann.