Willkommen an Bord„Mich interessieren besonders Austauschvorgänge zwischen Meeresboden und Ozean“Prof. Dr. Florian Scholz verstärkt die MIN-Fakultät und das CEN
24. Mai 2024, von Maria Latos
Foto: privat
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Prof. Dr. Florian Scholz.
Prof. Dr. Florian Scholz ist vom GEOMAR - Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel nach Hamburg gekommen und hat die W2-Professur für „Geologie, insbesondere Biogeochemie im Erdsystem“ angetreten.
Herr Scholz, Sie sind Professor für Geologie, insbesondere Biogeochemie im Erdsystem. Könnten Sie beschreiben, woran Sie forschen?
Als Biogeochemiker beschäftige ich mich mit Stoffkreisläufen auf der Erde, in meinem Fall insbesondere im Ozean. Die Kreisläufe chemischer Elemente wie beispielsweise Kohlenstoff und Stickstoff bestimmen die Lebensbedingungen auf der Erde und operieren auf unterschiedlichen Zeitskalen, die von Tagen über Monate oder Jahre bis hin zu Jahrmillionen reichen können. Das heißt, wir haben es mit sehr komplexen Systemen zu tun. Was mich besonders interessiert, sind Austauschvorgänge zwischen dem Meeresboden und dem Ozean.
Wie kann man sich die Austauschvorgänge vorstellen?
Der Meeresboden ist zum einen eine ultimative Senke für viele Stoffe die im Meerwasser vorhanden sind, er kann aber auch eine Quelle für diese darstellen. Kurz nach der Ablagerung entscheidet sich, ob das Material aufgelöst und zurück in den Ozean transportiert oder aber fest gebunden und aus dem oberflächennahen Erdsystem entfernt wird. Ob das passiert, hängt von den Umweltbedingungen ab, zum Beispiel vom Sauerstoffgehalt im bodennahen Wasser.
Haben Sie denn bestimmte Elemente, die Sie besonders interessieren?
Natürlich interessiere ich mich für den Kohlenstoffkreislauf, aber auch für Spurenelemente wie Eisen, die als Mikronährstoffe fungieren und daher auch den Kohlenstoffkreislauf beeinflussen.
Ist ihr Ziel also, Modelle für diese Kreisläufe zu entwickeln?
Zunächst einmal quantifizieren wir Stoffflüsse und untersuchen durch welche Prozesse sie angetrieben werden. Aber natürlich ist der nächste Schritt, diese Prozesse und Stoffflüsse auch in Modellen abzubilden, um zu verstehen, welche Dynamik sie im Erdsystem entfalten.
Gibt es bestimmte Gebiete, in denen Sie forschen?
In der Vergangenheit habe ich bereits in allen großen Ozeanbecken geforscht. Vergangenes Jahr war ich zum Beispiel mehrere Wochen im Nordwestatlantik vor Nova Scotia auf einem Forschungsschiff unterwegs. Dort mischt sich der Labradorstrom mit dem Golfstrom. Das sind sehr unterschiedliche Strömungen und die Mischungsverhältnisse verändern sich gerade durch den Klimawandel.
Als Familienvater finde es aber auch schön, vor der Haustüre zu arbeiten. Momentan haben wir zum Beispiel ein Projekt in der Ostsee, in der Kieler Bucht. Hier wird der Sauerstoff jedes Jahr im Sommer abgereichert. Das ist natürlich ein Problem für das Ökosystem und potenziell auch für die lokale Wirtschaft. Unser Ziel ist zu verstehen, wie das zustande kommt und ob man dies eventuell sogar verhindern kann.
Was für Proben nehmen Sie dafür und wie werden diese gesammelt?
Das hängt natürlich von der Fragestellung ab. Meistens nehmen wir Proben am Meeresboden und in der darüberliegenden Wassersäule. Dafür nutzen wir zum Beispiel einen Kranzwasserschöpfer, mit welchem wir Proben in der Wassersäule in bestimmten Tiefen nehmen, um chemische Profile durch die Wassersäule zu bekommen. Und dann nehmen wir Sedimentkerne. Diese schneiden wir in Scheiben und untersuchen die Festphase und das Porenwasser mit chemischen und mineralogischen Methoden.
Sie sprachen gerade die Festphase an: Im Fachbereich arbeiten auch einige Forschungsgruppen im Bereich der Bodenkunde. Werden Sie mit diesen kooperieren?
Genau, und es ist genau dieses Umfeld in Hamburg, das für mich besonders interessant ist. Viele Meeresforschende denken sehr stark ozeanzentriert. Aber die Sedimente am Meeresboden haben natürlich auch eine Vorgeschichte an Land. Um zu untersuchen wie Umweltveränderungen an Land und im Ozean verknüpft sind, möchte ich die Möglichkeit nutzen, mit Kolleginnen und Kollegen aus der Bodenkunde zusammenzuarbeiten. Auch der Studiengang Geowissenschaften bietet die Möglichkeit, Interaktionen zwischen Stoffkreisläufen an Land und im Ozean aufzuzeigen.
Haben Sie da schon konkrete Pläne für Vorlesungen oder vielleicht auch Exkursionen für die Studiengänge?
Ich werde natürlich mein eigenes Fachgebiet vertreten, die Biogeochemie, und sowohl Bachelor- als auch Mastervorlesungen anbieten. Ich habe auch schon Schiffszeit beantragt, um Masterstudierenden auf einem Forschungsschiff in der Ostsee, die wichtigsten Methoden der marinen Biogeochemie zu vermitteln. Das Schöne an der Ostsee ist, dass man sehr viele unterschiedliche Prozesse und Umweltbedingungen auf relativ kleinem Raum demonstrieren kann. Dazu gehören zum Beispiel sauerstofffreie Gebiete oder Stellen an denen Grundwasser am Meeresboden austritt. Auch Manganknollen, die relevant für den Rohstoffabbau sind, werden in der Ostsee gebildet. Durch diese Vielfalt ist die Ostsee ein spannendes Forschungsgebiet und das möchte ich den Studierenden zeigen.