Willkommen an Bord„Mich interessieren speziell die schnellen Evolutionsprozesse“Prof. Dr. Kathrin Anna Otte verstärkt die Naturwissenschaften
27. Oktober 2023, von UHH/Latos
Foto: UHH/Esfandiari
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Prof. Dr. Kathrin Anna Otte. Sie ist Professorin für Biologie, insbesondere Populationsgenomik und erforscht wie sich Umweltveränderungen auf das Genom von Wasserflöhen auswirken.
Prof. Dr. Kathrin Anna Otte ist zum Wintersemester von der Universität zu Köln gekommen und hat an der Fakultät für Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik eine Biologie-Professur angetreten.
Sie sind Professorin für Biologie, insbesondere Populationsgenomik bei uns an der Universität Hamburg. Können Sie kurz erklären, womit Sie sich in Ihrer Forschung befassen werden?
Den Begriff der Art kennen wohl die meisten Menschen – zum Beispiel sind die Fliege oder der Wurm verschiedene Arten. Viele Individuen einer Art, die sich miteinander reproduzieren, sind eine Population. Wenn es in der Population um die Frage geht, wie sich die Merkmale über die Gene vererben, ist das eine Fragestellung der Populationsgenetik. Und die Populationsgenomik ist quasi die Weiterführung des Begriffs der Populationsgenetik: Hier werden die neuesten Entwicklungen in der Technologie der DNA-Sequenzierung angewendet, um nicht nur einzelne Gene zu analysieren, sondern die ganze Genomebene.
Welche Fragestellungen interessieren Sie hierbei besonders?
Mich interessieren speziell die schnellen Evolutionsprozesse. Bei dem Begriff Evolution denkt man meist, dass es sich um Abläufe von Tausenden, wenn nicht sogar Millionen von Jahren handelt. Tatsächlich ist es aber so, dass sich Populationen genomisch ganz schnell anpassen können, zum Beispiel an sich verändernde Umweltbedingungen.
Können Sie ein Beispiel für solche Umweltveränderungen nennen?
Ein klassisches Beispiel sind anthropogene Faktoren, also vom Menschen verursachte Veränderungen. Etwa Insektizide, an die sich Schädlinge im Feld relativ schnell anpassen können.
Und welche Organismen erforschen Sie?
Der Haupt-Modellorganismus, mit dem ich mich beschäftige, ist der Wasserfloh. Das sind kleine Süßwasserkrebse, die zentrale Akteure im Nahrungsnetz von Seen sind. Mich interessiert, wie sich die Veränderungen im See auf die Wasserflöhe und damit das Nahrungsnetz in einem See auswirken. Tatsächlich habe ich mir das Ökosystem „See“ mit Bedacht ausgesucht, denn es hat den Vorteil, dass es ein sehr konkretes Ökosystem ist, bei dem wir sehr viel darüber wissen, was im saisonalen Verlauf passiert.
Welche Seen werden Sie dabei erforschen?
Aktuell fokussiere ich mich auf Seen in Deutschland. Da ich aus Köln komme, sind es hauptsächlich Seen aus dem Gebiet des Niederrheins. Ich werde aber auch in Hamburg Seen ergänzen, die gut zugänglich sind und zu denen auch schon Daten vorliegen. Das ist wichtig, damit ich weiß, was das für ein See ist. In Richtung Plön gibt es den einen oder anderen See, der bereits gut erforscht ist.
Welche Forschungsmethoden wenden Sie dann an?
Einerseits erforsche ich natürliche Populationen im See. Andererseits nutze ich auch den Forschungsansatz der experimentellen Evolution. Das heißt, ich hole Population aus der Natur ins Labor, simuliere die Evolution und untersuche, wie sich das Genom über Generationen verändert. So kann ich herausfinden, warum bestimmte Genotypen von Wasserflöhen in verschiedenen Seen besonders gut leben können. Können sie besonders gut mit wenig Futter auskommen? Was passiert mit ihnen, wenn das Wasser warm wird? Ich nutze aber auch die Bioinformatik und Statistik, um Simulationen vorzunehmen und Hypothesen zu bilden.
Streben Sie hierbei auch Kooperationen innerhalb der Universität an?
Die Wasserflöhe gehören zum Zooplankton und an der Universität Hamburg gibt es einige Kolleginnen und Kollegen, die mit marinem Plankton arbeiten. Natürlich wäre es spannend zu sehen, wo es Parallelen gibt und wo Kooperationen möglich sind. Ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen interessante Methoden haben, um das Plankton im Feld zu erforschen und zu charakterisieren. Also hoffe ich, dass ich hier auch noch einiges lernen kann.
Und welche Pläne haben Sie in der Lehre?
Ich werde auf jeden Fall Veranstaltungen zur Populationsgenetik und -genomik anbieten. Darüber hinaus möchte ich auf die neuen genomischen Technologien hinweisen und diese auch in den Lehrveranstaltungen nutzen. Es gibt zum Beispiel eine neue Technologie, die es uns ermöglicht, im Feld zu sequenzieren. Das ist ein Zukunftsprojekt von mir: Ich möchte eine Exkursion anbieten, bei der wir vor Ort Genomanalysen durchführen werden.
Da Sie gerade Köln angesprochen haben – Sie haben in Berlin studiert, in München promoviert und waren in Wien und Köln Postdoktorandin. Nun kommen Sie nach Hamburg. Was war für Sie der Grund in die Hansestadt zu ziehen?
Die Professur hat einfach super auf mich gepasst. Und natürlich ist Hamburg eine Exzellenzuniversität, hier wird viel zum Klima oder zu Umweltveränderungen geforscht, und das passt einfach sehr gut zu mir. Darüber hinaus ist Hamburg auch eine schöne Stadt, bei der meine Familie gesagt hat, dass sie sich vorstellen könnte, hier zu leben. Das ist ja auch ein wichtiger Faktor.
Worauf freuen Sie sich denn in Hamburg ganz besonders?
Ich habe noch nie so weit im Norden gewohnt. Ich freue mich besonders darauf, in der Nähe zum Meer und der Elbe zu leben.