Willkommen an BordDie Wirkmächtigkeit kultureller (Print)Produkte erfassen und deutenProf. Dr. Christina Meyer verstärkt die Geisteswissenschaften
4. Oktober 2023, von Meyer/Red.
Foto: privat
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Amerikanistin Prof. Dr. Christina Meyer.
Prof. Dr. Christina Meyer ist zum Wintersemester von der TU Braunschweig gekommen und hat an der Fakultät für Geisteswissenschaften eine Professur für „Anglistische und Amerikanistische Literatur- und Kulturwissenschaft“ angetreten.
Meine Forschungsgebiete in drei Sätzen:
Zu den grundlegenden Interessen und Arbeitsschwerpunkten in meiner Forschung zählen transnationale Comic Studies, Serialitätsforschung, Trauma Studies, Periodical Studies, Inter- und Transmedialitätsforschung und Populärkulturforschung. Gegenwärtig liegt mein Fokus auf drei Projekten zu kulturellen Phänomenen und Praktiken der Moderne, die ich wie folgt betitele:
- Transmedialität in der anglo-amerikanistischen Kultur- und Mediengeschichte
- Nordamerikanische Kinder- und Jugendzeitschriften
- Transatlantische Erzähl|Kunst der Moderne.
Diese unterschiedlichen Forschungsgebiete verbinden sich durch die übergreifende Frage nach der Strahlkraft von (Print-)Artefakten im 19. und frühen 20. Jahrhundert, d. h. ich zeichne die Entstehungszusammenhänge, Distributionspraktiken und Rezeptionsbedingungen der kulturellen Produkte nach und analysiere diese – mit dem Ziel, ein besseres Verständnis zu erlangen, wo und wie sie wirksam wurden.
Und so erkläre ich meiner Familie, worum es da geht:
Meine Forschung lässt sich gut anhand bekannter Figuren erklären: Wie kommt es zum Beispiel, dass Figuren wie der Detektiv Sherlock Holmes, der vom britischen Autor Sir Conan Arthur Doyle zum Ende des 19. Jahrhundert für seine Kriminalgeschichten geschaffen wurde, auch heute noch populär und u. a. im Fernsehen, Theater oder Film zu sehen ist? Oder dass Comic-Superheldinnen und -helden wie Superman, Batman oder Wonder Woman auch viele Jahre nach dem ersten Auftreten in den späten 1930er- und frühen 1940er-Jahren immer noch bekannt und bei vielen Menschen beliebt sind? Wann, wie und durch wen sind sie überhaupt berühmt geworden? Und in welchen Formen und Formaten sind sie zu finden – als Zeichnung, als mit Worten beschriebene Darstellung, als Foto oder als dreidimensionales Spielzeug?
In meiner Forschung versuche ich, Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden. Ich konzentriere mich dabei auf bislang noch weitestgehend unerforschte, englischsprachige Materialien aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Dazu zählen z. B. fiktionale Charaktere aus Kinderzeitschriften wie St. Nicholas, die sich rasant außerhalb des Trägermediums (Zeitschrift) verbreitet haben. Ich schaue mir aber auch reale Persönlichkeiten an, deren internationalen Karrieren in Zeitungen in Form von Fortsetzungsgeschichten, Interviews und Portraitreihen begannen und sich dann über verschiedene Medien hinweg entwickelten.
Diese (und andere) Figuren waren für eine lange Zeit populär, verschwanden dann aber zur Mitte des 20. Jahrhunderts größtenteils von der Bildfläche und werden heutzutage kaum noch erinnert. Ich erforsche ihre Karrieren: Wann, wo und wie sie begannen und endeten, wodurch sie angekurbelt und weiter vorangetrieben wurden. So möchte ich verstehen, wie und wo die (realen oder nicht-realen) Personen wirk(t)en.
Darum freue ich mich auf Hamburg – auf die Stadt und die Universität:
Zu allererst freue ich mich darauf, an ein Institut zurückzukehren, an dem ich als Gastprofessorin bereits tätig war und dessen Mitglieder ich sehr zu schätzen gelernt habe. Es fühlt sich für mich an wie eine Art Heimkehr. Ich freue mich auf die produktive Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Anglistik und Amerikanistik sowie Kolleginnen und Kollegen aus anderen Instituten und Fakultäten der Universität Hamburg.
Auch freue ich mich schon sehr darauf, die neuen Studierenden kennenzulernen, mit ihnen gemeinsam wichtige Bereiche der Anglistischen und Amerikanistischen Literatur- und Kulturwissenschaft zu erforschen und kritisch zu diskutieren und sie – sowie natürlich auch mir bereits bekannte Studierende – und early career scholars auf ihren Wegen zum Abschluss zu begleiten.
Dass hier auch die Arbeitsstelle für Graphische Literatur ihren Sitz hat, ist ein weiterer Grund, warum ich mich auf Hamburg sehr freue, denn ein zentrales Interessengebiet in meiner Forschung und Lehre ist graphische Literatur in ihren verschiedenen Formen, Trägermedien und Genres. Und, na ja: Hamburg ist einfach die schönste (Hanse-)Stadt Deutschlands, meiner Meinung nach.
Das sind meine Pläne an der Uni Hamburg:
Einen Aspekt, den ich in den kommenden Semestern in der Lehre der Fakultät für Geisteswissenschaften verstärken möchte, ist die kritische Auseinandersetzung mit seriellen und multimodalen Erzählformen der Vergangenheit und Gegenwart.
Eines meiner zentralen Arbeitsgebiete ist das Comicmedium und seine transnationalen Verflechtungsgeschichten. Basierend auf meiner eigenen Forschung zu Comics, speziell zu den Anfängen des Massenmediums, werde ich weitere, forschungsorientierte Lehrveranstaltungen zu diesem Bereich anbieten, insbesondere auch unter Berücksichtigung des didaktischen Potenzials dieser Texte im Kontext des Englischunterrichts in Schulen (in der Primar- und Sekundarstufe).
Was den Wissenstransfer von Lehre und Forschung betrifft, plane ich kurz- und mittelfristig vor allem zwei Dinge: Zum einen möchte ich Lehrveranstaltungen konzipieren, in denen nicht nur methodisches und analytisches Wissen erworben und präsentationstechnische Fertigkeiten geübt werden sollen, sondern auch Aspekte der Öffentlichkeitsarbeit und Mittelakquisition, z. B. zur Planung und Durchführung eines Studierendensymposiums, bei dem Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Ideen und Ergebnisse einem breiten Publikum zur Diskussion stellen. Praxisorientierte Seminare zu entwickeln, entweder als interfakultäre Co-Teaching-Lehrveranstaltung oder in Form von universitätsübergreifenden Seminaren, ist eine Herausforderung, der ich mich stellen möchte.
Zum anderen plane ich projektbasierte Elemente in einem Dialog mit der außeruniversitären Öffentlichkeit zu etablieren, z. B. in Kooperation mit Kultureinrichtungen in Hamburg, etwa dem Amerikahaus. Veranstaltungen wie Workshops, Konferenzen und Gast(vor)lesungen sollen dazu dienen, meine Forschung für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
Darum sollten Studierende unbedingt meine Veranstaltungen besuchen:
Meine ehemaligen Studierenden haben mich in Evaluationen häufig so beschrieben: Sie lebt (für) ihr Fach. Auch mein Humor – in- und auch außerhalb des Seminars – wurde stets gelobt. Die Begeisterungsfähigkeit für die Fachdisziplin – für die Kernfragen, Schlüsselbegriffe, Theorien, Methoden, Analysekategorien und Leitkonzepte und auch für die manchmal etwas kniffligeren Themen und Texte – und die Motivation und Freude werde ich in Hamburg auf meine Studierenden zu übertragen versuchen.
Studierende dürfen sich auf interaktive, kommunikationsfördernde Lehrveranstaltungen freuen, in denen auch literarische Nischenbereiche wie z. B. englischsprachige feministische Fahrradtour-Science-Fiction behandelt werden oder bislang weitestgehend unerforschte Materialien und Medien der Vergangenheit und Gegenwart, ohne dabei den Bezug zur Lebensrealität aus den Augen zu verlieren.
Blick in die weite Welt – mit diesen internationalen Einrichtungen, Universitäten oder Institutionen arbeite ich zusammen:
Durch meine Studien- und Forschungsaufenthalte in den USA und Frankreich und durch meine zahlreichen Vortragstätigkeiten bringe ich ein internationales Kooperations- und Kontaktnetzwerk mit, unter anderem zu Institutionen in den Niederlanden, Österreich, Belgien, Frankreich, Polen und Schweden, Singapur, Australien, Japan, den USA, Südamerika und Kanada. Sein Erhalt und Ausbau kann in vielfacher Weise zur Internationalisierungsstrategie der Universität Hamburg und maßgeblich zur Weiterentwicklung der Studiengänge und zur interdisziplinären Forschung am Institut für Anglistik und Amerikanistik beitragen.
Darum ist meine Forschung für die Gesellschaft wichtig:
Meine Forschung ist aus mehreren Gründen wichtig, nutzbar und anschlussfähig, denn ich beschäftige mich mit Fragen, die für Gesellschaft wichtig sind, da sie dazu anregen, über das Funktionieren eines kulturellen Gedächtnisses und des Imaginären einer Nation nachzudenken: Wie verhandeln literarische Texte und andere kulturelle Produktionen zentrale Mythen einer Kultur? Welche Mythen werden weitergetragen? Wie imaginieren Texte etwa (Zukunfts-)Szenarien der modernen Welt, welche Denkräume schaffen sie, und wie haben Literatur und andere Textproduktionen am Wissen ihrer Zeit teil, indem sie diese nicht nur darstellen, sondern auch mitproduzieren?
Meine Forschung und das erlangte Wissen erlauben es mir auch, kulturelle Phänomene, Produkte und Praktiken der Vergangenheit und Gegenwart zu reflektieren. So kann ich die Entstehung und Verflechtung konkreter historischer Diskussionskulturen deuten und auf aktuelle Diskurse anwenden. Ferner habe ich durch meine Forschungsaktivitäten gelernt, welche Impulse von (inter-)nationalen Forschungskooperationen ausgehen, welche Synergieeffekte durch interdisziplinäre Zusammenarbeit generiert werden können und wie wichtig Dialogkompetenzen und Diskursfähigkeit nicht nur innerhalb solcher Netzwerke, sondern auch im täglichen (Berufs-)Leben und für die Teilhabe in einer globalen Gesellschaft sind.