Willkommen an BordVon der Idee des menschlichen GlücksProf. Dr. Jozef Müller verstärkt die Geisteswissenschaften
23. August 2023, von Müller/Red.
Foto: UHH/Esfandiari
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Philosoph Prof. Dr. Jozef Müller.
Prof. Dr. Jozef Müller ist zum Sommersemester von der University of California (Riverside) gekommen und hat an der Fakultät für Geisteswissenschaften eine Professur für „Philosophie, insbesondere Antike Philosophie“ angetreten.
Mein Forschungsgebiet in drei Sätzen:
Ich interessiere mich für antike Theorien der menschlichen Psychologie – und besonders für die Art und Weise, wie diese Theorien die ethischen, politischen, künstlerischen und sogar naturwissenschaftlichen Ideen antiker Philosophen beeinflussen haben bzw. wie sie selbst von diesen Ideen beeinflusst waren. Mein aktuelles Projekt ist ein Buch über Aristoteles, in dem ich eine neue Interpretation von Aristoteles‘ Theorie des menschlichen Charakters biete.
Außerdem arbeite ich an einer Interpretation von Platons Dialog „Protagoras“. Ich behaupte, dass Platon in diesem Dialog einen Konflikt darstellt – und zwar zwischen zwei unterschiedlichen Vorstellungen davon, was es heißt, gut zu denken. Das beinhaltet auch zwei Ansichten darüber, wie wir lernen können, gut zu denken.
Und so erkläre ich meiner Familie, worum es da geht:
Wir alle wollen im Leben erfolgreich sein. Das kann unter anderem bedeuten, dass wir uns gut und glücklich fühlen. Das tun wir, wenn wir glauben, dass unser Leben tatsächlich gut läuft – aber wir wollen auch, dass dieser Erfolg von anderen Menschen, etwa unserer Familie, als solcher anerkannt wird. Mit anderen Worten: Wir wollen nicht nur ein Leben, in dem wir uns glücklich fühlen, sondern auch ein Leben, das in einem objektiven Sinne gut ist.
Die antiken Philosophen hatten viele interessante Ideen darüber, wie man so ein Leben erreichen könnte. Ein großer Teil dieser Ideen bestand darin, dass wir bestimmtes Wissen erwerben und bestimmte Charaktereigenschaften, sogenannte Tugenden, entwickeln müssen. Ich versuche herauszufinden, was nach ihrer Meinung diese Tugenden sind bzw. wie dieses Wissen aussieht – und wie wir es erlangen können.
Darum freue ich mich auf Hamburg – auf die Stadt und die Universität:
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den Studierenden, die sich für klassische Philosophie und Philologie sowie für die Geschichte der Philosophie im Allgemeinen interessieren. 2000 war ich ein Semester lang Student in Hamburg und ich freue mich darauf, die Stadt – ihre Landschaft, ihre Architektur, ihre reiche Kultur und ihre Menschen – neu zu entdecken.
Das sind meine Pläne an der Uni Hamburg:
Ich hoffe, dass ich gemeinsam mit meinem neuen Kollegium ein umfassendes Angebot von Seminaren zur antiken Philosophie anbieten kann. Es ist meine Hoffnung, Hamburg wieder als eines der Zentren für das Studium der antiken Philosophie in Deutschland zu etablieren.
Darum sollten Studierende unbedingt meine Veranstaltungen besuchen:
Meiner Erfahrung nach gibt es kaum eine bessere Gelegenheit, uns selbst zu verstehen, als unsere Vergangenheit zu studieren. Und welchen Aspekt der Vergangenheit ist in dieser Hinsicht vielversprechender als die vielen wunderbaren Arten, in denen Menschen damals ihre Welt und ihren Platz darin zu verstehen versucht haben? Und so hoffe ich, dass die Studierenden in meinen Lehrveranstaltungen zur antiken Philosophie, aber auch in vielen anderen Angeboten zur Geschichte der Philosophie, ihren eigenen Weg in das Abenteuer des Denkens finden.
Blick in die weite Welt: mit diesen internationalen Einrichtungen, Universitäten oder Institutionen arbeite ich zusammen:
Die antike Philosophie ist eine sehr internationale Disziplin und ich habe viele tolle Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt, mit denen ich in Kontakt stehe – von Beijing oder São Paulo bis nach Oxford oder Cambridge. Zudem habe ich 22 Jahre meiner Karriere in den USA verbracht und auch dort viele berufliche Kontakte und Freundschaften geknüpft. Ich hoffe, einige von ihnen bald in Hamburg begrüßen zu können.
Darum ist meine Forschung für die Gesellschaft wichtig:
Das Studium der Geschichte der Philosophie – und insbesondere der antiken Philosophie – ist in vielerlei Hinsicht wichtig. Ohne das Studium der Geschichte der Philosophie scheint es mir beispielsweise unmöglich zu verstehen, wie wir die Idee des individuellen menschlichen Glücks entwickelt haben – sowohl hinsichtlich seines Inhalts als auch hinsichtlich seiner Bedeutung für unser Leben. Letztendlich denke ich jedoch, dass wir durch das Studium der Geschichte der Philosophie menschliche Kultur in all ihrer Schönheit und Hässlichkeit bewahren. Denn wenn wir aufhören, über sie zu denken und reden, wird sie langsam verschwinden.