Willkommen an BordWie stehen Klimawandel und Konflikte im Zusammenhang?Prof. Dr. Benno Fladvad verstärkt die MIN-Fakultät
7. August 2023, von Maria Latos
Foto: Studioline
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Geograph und Friedensforscher Prof. Dr. Benno Fladvad, der untersucht, wie Klimawandel und Konflikte im Zusammenhang stehen.
Prof. Dr. Benno Fladvad hat die W1-Professur mit Tenure Track W2 „Naturwissenschaftliche Friedensforschung mit Schwerpunkt Klima und Sicherheit“ der Universität Hamburg angenommen und arbeitet seit dem Sommersemester am Fachbereich Erdsystemwissenschaften der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften.
Herr Fladvad, worum geht es bei Ihrer Forschung?
Meine Forschung bringt Friedens-, Sicherheits- und Konfliktforschung sowie Debatten um Umwelt- und Klimagerechtigkeit zusammen. Ich beschäftige mich mit der Frage, wie der Klimawandel, seine Ursachen sowie seine Auswirkungen mit Konflikten und Kriegen im Zusammenhang stehen. Das kann von der lokalen bis hin zur planetaren Ebene reichen. Darüber hinaus beschäftige ich mich damit, wie Maßnahmen gegen den Klimawandel selbst zu Konflikten beitragen können oder auch welche neuen Allianzen sowie Kooperationsformen dabei entstehen.
Können Sie da vielleicht ein Beispiel für ein Sicherheitsrisiko nennen?
Grüner Wasserstoff wird häufig als Schlüssellösung für die Energiewende betrachtet. Für die Produktion wird viel erneuerbare Energie benötigt. Einige Regionen, wie zum Beispiel das Departamento La Guajira in Kolumbien, das vom ehemaligen kolumbianischen Energieminister als das „Epizentrum der Energiewende“ bezeichnet wurde, eignen sich – zumindest oberflächlich betrachtet – gut dafür, erneuerbare Energie, vor allem in Form von Windkraft, zu erzeugen.
Und dadurch entstehen Konflikte im Land?
Es gibt bereits einige Berichte und erste Forschungsarbeiten, die zeigen, dass der Ausbau von Windenergie sehr ähnliche Konflikte herbeiführt, wie sie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Kohleabbau entstehen, der in La Guajira bereits seit langem betrieben wird. Hierbei kann es zu Vertreibungen und Landrechtsverletzungen kommen, aber auch knappe Wasserressourcen sind ein sehr großes Thema, gerade in solchen trockenen Regionen.
Also ist Kolumbien eine Region, mit der Sie sich in Zukunft auch intensiver befassen werden?
Unter anderem. Aber Kolumbien ist für meine Forschung tatsächlich ein vielversprechender Kontext, weil dort zum einen Konflikte um erneuerbare Energien existieren und zum anderen ein Ansatz des sogenannten Environmental Peacebuilding, also der Umweltfriedensförderung, verfolgt wird. Dabei wird versucht, Umweltschutz mit der Schaffung friedlicherer Beziehungen in Einklang zu bringen. Dies ist ebenfalls ein wichtiges Forschungsfeld für mich.
Und wie werden Sie das erforschen?
Meine Arbeitsmethode ist die qualitative Sozialforschung. Ich führe vor allem Interviews und analysiere Erzählungen von einzelnen Menschen oder Gruppen. Auch teilnehmende Beobachtungen sind ein wichtiger Bestandteil der Forschung, genauso wie die Recherche und Dokumentenanalyse. Es geht also darum, mit betroffenen Menschen und Konfliktparteien in Kontakt zu kommen. Das muss nicht unbedingt auf der anderen Seite der Welt sein. Ich könnte mich je nach Thema und Fragestellung beispielsweise auch mit Fischerinnen und Fischern in Schleswig-Holstein beschäftigen, die ebenfalls vor großen Herausforderungen mit Blick auf den Klimawandel stehen.
Ihre Forschungsmethoden sind also rein sozialwissenschaftlich?
Ich habe Geographie mit einem humangeographischen Schwerpunkt studiert und in diesem Bereich auch promoviert, das heißt ich bin sozialwissenschaftlich ausgebildet und kann mich – zumindest was die Arbeitsweise betrifft – nicht als Naturwissenschaftler bezeichnen. Das klingt mit Blick auf meine Stellenbezeichnung vielleicht ein bisschen paradox. Aber es wird verständlicher, wenn man sieht, dass die Juniorprofessur in der integrativen Geographie angesiedelt ist, das heißt sie beschäftigt sich ganz explizit mit Mensch-Umwelt-Beziehungen.
Sie verknüpfen also Sozial- und Naturwissenschaften miteinander.
Ja, darum geht es. Für mich ist Natur nicht unbedingt nur Forschungsobjekt von Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, sondern auch von Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Man kann die Natur und dabei vor allem unser Verhältnis zur Natur auch mit sozialwissenschaftlichen Ansätzen, Denkweisen sowie Theorien verstehen.
Wie werden Sie dies in der Lehre umsetzen?
Die Verbindung zwischen sozialen und natürlichen Systemen ist elementar und eigentlich können diese in der Realität gar nicht so kategorisch voneinander getrennt werden. Und das ist auch etwas, was ich mit den Studierenden erarbeiten möchte. Dabei wäre in den geographischen Studiengängen zum Beispiel eine Lehrveranstaltung zum Thema Umweltgerechtigkeit und Umweltsicherheit sehr geeignet. Zugleich plane ich auch Lehrveranstaltungen im Masterstudiengang Peace and Security Studies anzubieten, an dem Studierende von unterschiedlichen Fakultäten teilnehmen können.