Willkommen an Bord„Ich erforsche, wie sich der Klimawandel auf Zooplankton auswirkt“Prof. Dr. Nicole Aberle-Malzahn verstärkt die MIN-Fakultät
6. Juli 2023, von Maria Latos
Foto: UHH/Esfandiari
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Biologin Prof. Dr. Nicole Aberle-Malzahn.
Prof. Dr. Nicole Aberle-Malzahn ist zum 1. Mai von der Norwegian University of Science and Technology nach Hamburg gekommen und hat die W2-Professur „Experimentelle Ökologie des marinen Zooplanktons“ am Fachbereich Biologie der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften angetreten.
Frau Aberle-Malzahn, Sie haben fast acht Jahre in Norwegen gelebt und an der Universität Trondheim gearbeitet. Nun sind Sie nach Hamburg gezogen. Was war der Grund dafür, dass Sie zurück nach Deutschland und dabei nach Hamburg gekommen sind?
Die Ausschreibung der Universität Hamburg passte einfach hundertprozentig zu mir und meinem Forschungsgebiet. Und weil es die Familie eigentlich immer nach Deutschland zurückgezogen hat, dachte ich, es sei ein Versuch wert. Dass es dann geklappt hat, ist natürlich wie ein Sechser im Lotto.
Wie war es, hier wieder anzukommen?
Wir waren nun insgesamt zehn Jahre im Ausland und es ist schon ungewohnt, wieder zurück zu sein - vor allem für unsere zwei Kinder, die beide in Norwegen in den Kindergarten und in die Schule gegangen sind.
Sie hatten die Ausschreibung bereits angesprochen. Sie sind jetzt Professorin für Experimentelle Ökologie des marinen Zooplanktons. Können Sie Ihr Forschungsgebiet kurz umschreiben?
Zooplankton sind Organismen, die sich in der Wassersäule aufhalten und durch Meeresströmungen verdriftet werden, das heißt, sie können nicht aktiv gegen eine Strömung schwimmen. Das Plankton besteht aus Mikroalgen und tierischem Plankton, das sich unter anderem von Algen ernährt und in ganz verschiedenen Größen auftaucht: Einige sind nur wenige Mikrometer groß, es gibt aber auch z.B. Quallen die vergleichsweise groß werden können.
Was untersuchen Sie an diesem Zooplankton?
Meine Hauptexpertise liegt bei den ganz kleinen Planktonorganismen und vor allem deren Rolle im Nahrungsnetz der Ozeane. Ich beschäftige mich mit der Frage, wie sich der Klimawandel auf diese Organismen auswirkt. Gibt es Verschiebungen in den Gemeinschaften oder im zeitlichen Auftreten? Also treten sie zum Beispiel früher auf, wenn die Temperatur höher oder mehr Kohlenstoffdioxid im Wasser ist? Und welchen Einfluss hat dies wiederum auf das ganze Nahrungsnetzgefüge, denn alle Meeresorganismen sind sehr stark voneinander abhängig.
Wie untersuchen Sie das?
Einer der Ansätze ist, Proben in verschiedenen Seegebieten zu unterschiedlichen Jahreszeiten zu sammeln, deren Artzusammensetzung und Anzahl zu erheben und zu analysieren. Aber die Fragestellungen können auch experimentell erforscht werden und das ist eines meiner Steckenpferde: Ich führe Experimente entweder im Labor oder im Freiland durch, wo ich beispielsweise die Erwärmung im Versuch simuliere und mir ansehe, wie sich der Stoffwechsel der Organismen oder die Interaktionen zwischen den Organismen verändert.
Wie führen Sie Ihre Experimente durch bzw. was benötigen Sie dafür?
Aktuell etablieren wir am Institut für marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften des Fachbereichs Biologie eine Mesokosmenanlage. Diese Anlage mit großen Tanks erlaubt uns, unter kontrollierten Bedingungen Wasserproben mit natürlichen Lebensgemeinschaften ins Labor zu holen und Temperaturunterschiede bzw. -veränderungen zu simulieren. Diese Experimente könnte auch eine starke Zusammenarbeit zwischen vielen verschiedenen biologischen Disziplinen schaffen, vor allem einen starken Schulterschluss zwischen der terrestrischen und marinen Ökologie z.B. wenn es um Kohlenstoffflüsse geht.
Sie wollen also die Kooperation innerhalb der Universität weiter stärken?
Genau, die Kooperation innerhalb der Universität Hamburg ist besonders wichtig, nicht nur innerhalb der marinen Gruppen, sondern auch über das marine Ökosystem hinweg bis zu den terrestrischen Ökosystemen. Aber natürlich ist mir auch der Austausch mit anderen Disziplinen an der Uni HH sowie anderen Universitäten und Forschungseinrichtungen wichtig und ich glaube, dass meine nationalen und internationalen Erfahrungen dazu beitragen werden, dass Hamburg seine Forschungsstärke weiter ausbauen kann – zum Beispiel im Rahmen von EU-Projekten. Es ist in der Klimaforschung sehr wichtig, dass man das gesamte Bild im Kopf hat, um übergreifende Muster oder Unterschiede herauszuarbeiten.
Sie beschäftigen sich also mit globalen Fragen, weniger mit bestimmten regionalen Gebieten?
Mein Schwerpunkt liegt auf Untersuchungen entlang geographischer Gradienten. In Norwegen beschäftigte ich mich hauptsächlich mit arktischen und temperierten Ökosystemen. Dort habe ich z.B. untersucht, wie sich die Veränderungen in der Eisbedeckung auf das Nahrungsnetzgefüge der Arktis auswirken. Vergangenes Jahr war ich jedoch zu einem Forschungsfreisemester an der Universität Las Palmas auf Gran Canaria und habe dort im subtropischen Atlantik ähnliche Fragen untersucht. Es geht also nicht nur um ein bestimmtes Ökosystem wie die Nordsee, sondern um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Planktongemeinschaften weltweit.
Haben Sie in diesem Bereich auch Lehrveranstaltungen geplant?
Ein Schwerpunkt wird sein, die Ausbildung im Bereich der Planktonanalysen zu verstärken. Bisher lag der Fokus eher auf dem größeren Zooplankton z.B. Ruderfusskrebsen und Fischlarven, aber nicht im Bereich sehr kleiner, tierischer Organismen. Dabei spielen diese eine ganz große Rolle als Bindeglied zwischen dem Phytoplankton und dem größeren Zooplankton. Das muss meiner Meinung nach auch in der Lehre weitergegeben werden, damit wir später Forscherinnen und Forscher haben, welche die taxonomische und ökologische Expertise in dem Bereich mitbringen.
Wie wollen Sie das machen?
Indem wir die Studierenden zum Beispiel auch an Mesokosmen-Experimente heranführen– eventuell in Rahmen von Praktika. Denn der Arbeitsaufwand in solchen Experimenten ist sehr hoch. Es werden viele Daten und Proben gesammelt und es ist dabei unerlässlich in einem, größeren Team zu arbeiten. Das ist eine ideale Möglichkeit, Bachelor- und Masterstudierende zu integrieren, weil sie sich dabei gleichzeitig das praktische Handwerkszeug aneignen und lernen gemeinsam in einem Team zu arbeiten. Dies macht besonders viel Spaß und ermöglicht es, die eigenen Datensätze mit anderen zu verknüpfen und in einen größeren Zusammenhang zu bringen.