„Willkommen an Bord“Die f-Elemente in Forschung und Lehre stärkenProf. Dr. Lisa Vondung verstärkt die MIN-Fakultät
16. Juni 2023, von Heiko Fuchs
Foto: privat
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Prof. Dr. Lisa Vondung.
Chemikerin Prof. Dr. Lisa Vondung hat die W1-Professur mit Tenure Track W2 „Anorganische Chemie, insbesondere Moderne Synthesemethoden“ der Universität Hamburg angenommen und arbeitet seit dem 1. Mai am Fachbereich Chemie der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften. Sie erforscht die Elemente des sogenannten f-Blocks, die Lanthanoide und Actinoide und möchte speziell für abgereichertes Uran sinnvolle Anwendungen finden.
Frau Prof. Vondung, worum geht es bei Ihrer Forschung?
Wir beschäftigen uns ganz allgemein mit anorganischer Chemie und Koordinationschemie, also mit Komplexen, die aus einem oder mehreren Zentralteilchen sowie einem oder mehreren Liganden aufgebaut sind. Wir interessieren uns ganz speziell für den f-Block im Periodensystem, also für die Lanthanoide sowie Actinoide und dort vor allem für Uran.
Warum beschäftigen Sie sich hauptsächlich mit diesen Elementen?
Meine Gruppe und ich finden die Elemente des f-Blocks besonders spannend, da sie eine hohe technische Relevanz haben. Die Lanthanoide sind aus modernen Technologien wie Smartphones, LED-Leuchten oder Elektromotoren nicht mehr wegzudenken. Allerdings gibt es erstaunlich wenig Verständnis für die Chemie abseits dieser bekannten Anwendungen. Bei Uran denkt man natürlich sofort an Kernkraft, aber vor allem in Bezug auf die verbliebenen Altlasten haben wir hier forschungsseitig noch viel zu tun. Wir versuchen die Grundlagen zu verstehen und erkunden, welche speziellen Eigenschaften wir entdecken und nutzen können, um mögliche weitere Anwendungen zu finden.
Was für Anwendungen könnten das sein?
Vor allem in Richtung Katalyse gibt es sehr interessante Hinweise, die mit anderen Elementen nicht funktionieren. Aber auch im Bereich der neuen Materialien, Magnetismus und Spintronik könnten sich neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben.
Und was genau wollen Sie mit Uran machen?
Für die Kernkraft braucht man angereichertes Uran. Bei diesem Anreicherungsprozess entsteht viel Abfall von abgereichertem Uran, für das es derzeit praktisch keine sinnvolle Verwendung gibt. Meine Traumvorstellung wäre, für dieses schwach radioaktive Uran vernünftige Anwendungsbereiche zu finden. Spannend fände ich, neue katalytische Systeme basierend auf Uran zu erhalten, die ungewöhnliche Reaktionsmuster zeigen und beispielsweise Kohlenstoffdioxid als Baustein verwenden könnten, um daraus größere Moleküle aufzubauen, die wir im Moment aus Erdöl extrahieren müssen oder daraus herstellen. So könnten wir neue Wege erschließen, um fossile Rohstoffe zu ersetzen.
Was benötigen Sie für Ihre Forschung?
Wir brauchen gut ausgestattete Labore für moderne anorganische Synthese mit speziellen Glasapparaturen, in denen wir alle Substanzen ohne Luft und Wasser handhaben können. Wir arbeiten sehr viel in sogenannten Gloveboxen, um Substanzen unter einer Argon-Schutzgasatmosphäre zu manipulieren. Weiterhin benötigen wir viele verschiedene Geräte zur Analytik, hier ist Hamburg mit Blick in Richtung auf das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ein toller Standort. Wir können unsere neuen Moleküle und Komplexe, wenn wir sie dann erst einmal gebaut haben, direkt im Labor, aber auch in anderen Einrichtungen analysieren, um zu verstehen, wie die chemischen Bindungen funktionieren und was die grundlegenden Eigenschaften sind.
Warum haben Sie sich Hamburg und die Universität Hamburg ausgesucht?
Weil Hamburg einfach ein toller Standort mit so vielen Anknüpfungsmöglichkeiten ist, um meine Projekte weiter voranzutreiben. Als Chemikerin ist es immer besonders spannend, wenn man ein neues Molekül hergestellt hat, das möglichst auch genau so ist, wie man sich das vorher vorgestellt hat. In Hamburg kann ich die vielfältigen Analysemöglichkeiten mitnutzen und wenn ich durch die Röntgenstrukturanalyse das 3D-Modell des Moleküls zu sehen bekomme, dann bin ich wahrscheinlich die Erste, die das sieht.
Mit welchen anderen Einrichtungen und Institutionen möchten Sie in Hamburg zusammenarbeiten?
Neben dem DESY werden wir innerhalb des Fachbereichs Chemie natürlich mit der Physikalischen Chemie kooperieren, weiterhin mit dem Fachbereich Physik, der ja auch gut mit dem DESY verknüpft ist und eventuell mit dem Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht, da es dort im Bereich der besonders schweren Elemente interessante Überschneidungen gibt.
Was planen Sie für Ihre Lehrveranstaltungen?
Bedingt durch mein Forschungsgebiet der f-Elemente bin ich natürlich immer daran interessiert, diese spannenden Elemente mehr in die Lehre einzubringen, da diese in den allermeisten Chemiestudiengängen kein Standardthema sind. Das bedeutet, die meisten Studierenden kommen mit diesem Thema nur sehr wenig in Kontakt. Aus diesem Grund möchte ich im Masterstudiengang mit Hilfe von Vorlesungen und Praktika die Chemie der f-Elemente in die Lehre einbringen, um die Vielfalt dieser Gruppe den Studierenden näherzubringen sowie die spannenden Methoden aber auch die Anwendungen aufzuzeigen, die es in diesem Bereich gibt.
Worauf freuen Sie sich in Hamburg besonders?
Ich persönlich freue mich, dass ich endlich in die Nähe von Wasser ziehe. Ich wollte schon immer am Meer wohnen und habe mich bei meinem ersten Besuch in Hamburg sehr gefreut, als ich Möwen gesehen habe. Natürlich freue ich mich auch, diese tolle Stadt zu erkunden und die ganzen Vorteile, die vielfältigen Kulturangebote und anderen Vorzüge einer Großstadt nutzen zu können.
Zur Person
Prof. Dr. Lisa Vondung hat an der Philipps-Universität Marburg Chemie studiert und dort auch ihre Promotion abgeschlossen. Anschließend forschte sie als Postdoktorandin erst an der Philipps-Universität Marburg und später an der University of Manchester in Großbritannien an Komplexen von d- und f-Elementen. Ab 2021 war sie Nachwuchsgruppenleiterin am Institut für Anorganische Chemie der Georg-August-Universität in Göttingen und hat zum 1. Mai 2023 eine W1-Professur mit Tenure Track W2 am Fachbereich Chemie der Universität Hamburg angenommen. Ihre Professur an der Universität Hamburg wird von der Bundesregierung im Rahmen des Tenure-Track-Programms gefördert.