„Willkommen an Bord“„Ich möchte Algorithmen der KI schneller, effizienter und interpretierbarer machen“Prof. Dr. Sören Laue verstärkt die MIN-Fakultät
23. Mai 2023, von Newsroom-Redaktion

Foto: privat
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor. Dieses Mal: Informatiker Prof. Dr. Sören Laue.
Prof. Dr. Sören Laue hat die W3-Professur „Informatik, insbesondere Maschinelles Lernen“ der Universität Hamburg angenommen und arbeitet seit Anfang April am Fachbereich Informatik der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften.
Herr Prof. Laue, was sind die Schwerpunkte Ihrer Forschung?
Ich arbeite im Bereich des Maschinellen Lernens sowie der künstlichen Intelligenz (KI) und entwickle Methoden und Algorithmen, um verschiedene Probleme in diesen Bereichen zu lösen. Mein Fokus liegt hierbei auf den zugrundeliegenden Algorithmen, um diese effizienter, schneller und interpretierbarer zu machen.
Wie erklären Sie Freunden oder der Familie Ihr Forschungsgebiet?
Das Maschinelle Lernen hat zum Ziel, Erkenntnisse aus Daten zu ziehen. Man versucht, in Datenströmen Strukturen zu finden, um dann basierend auf den Daten Vorhersagen zu treffen. Das benutzt man zum Beispiel bei der Analyse von medizinischen Patientendaten, um vorherzusagen, ob eine Krankheit vorliegt oder nicht. Weitere Beispiele sind Prognosen des Kaufverhaltens, die Spracherkennung und die sogenannte Generative KI, die Inhalte wie Bilder oder Texte erstellt und über die gerade intensiv diskutiert wird. Wie man anhand der Beispiele sieht, ist die Anwendungsbandbreite riesig. Ich forsche aber an den zugrundeliegenden Methoden und Algorithmen, die Strukturen in den Daten erkennen und diese dann extrahieren.
Wie arbeiten Sie an den Methoden und Algorithmen?
Mein Ziel ist es, die Methoden effizienter zu machen, so dass sie wesentlich schneller funktionieren. Aktuell ist das Maschinelle Lernen noch ein sehr aufwändiger Prozess, der viel Energie und sehr viele Daten benötigt. Daher entwickle ich Methoden, die weniger Daten erfordern, mit deutlich weniger Rechenpower auskommen und dabei interpretierbar bleiben. Letzteres bedeutet, dass die Methoden keine Blackbox darstellen, so dass ich sehen kann, was passiert ist und warum gerade diese Vorhersage getroffen wurde.
Sie wollen also verstehen, wie und warum KI-Systeme zu einem bestimmten Ergebnis kommen?
Genau, ich habe mit Kolleginnen und Kollegen aus Chemie, Medizin und Physik zusammengearbeitet und jedes Mal kam die gleiche Aussage: Die KI-Systeme sind eine Blackbox und wir wissen nicht, warum das System zu dieser Aussage gekommen ist. Das finde ich natürlich unbefriedigend und ich arbeite deshalb daran, die Methoden nachvollziehbar zu machen. Tatsächlich möchte ich transparente Whitebox-Systeme erstellen.
Wie machen Sie das?
Indem ich die Algorithmen mit mathematischem Gespür auseinandernehme, genau nachsehe, was die Entscheidungspfade waren und aufgrund welcher speziellen Merkmale die Vorhersage so und nicht anders getroffen wurde.
Was benötigen Sie für Ihre Forschung?
Wie so häufig in der Informatik oder in der Mathematik brauche ich lediglich einen Rechner, Papier, Ruhe und kluge Köpfe. Die ebenfalls notwendigen Daten bekomme ich von Kolleginnen und Kollegen, die mit den Ergebnissen bzw. ihren Algorithmen nicht zufrieden sind oder diese nicht nachvollziehen können. Dann stelle ich mich mit anderen Forschenden und Promovierenden an eine Tafel und wir nehmen das Problem im Detail auseinander. Abschließend programmiere ich an einem Rechner die neuen Methoden und teste sie.
Sie benötigen also keine aufwendigen Supercomputer oder Rechencluster?
Ich selber nur sehr selten, denn eines meiner Ziele ist es ja gerade, die KI-Systeme effizient auf möglichst kleiner Hardware laufen zu lassen. Ich kann da ein extremes Beispiel nennen: Ich habe mal eine neue Methode für ein System entwickelt, dass andere erstellt hatten, die nicht so nah an der Informatik dran waren. Deren System brauchte fünf Monate auf einem großen Rechencluster, meine Methode lief auf einem Laptop innerhalb von ein paar Sekunden und das Endergebnis war besser.
Warum haben Sie sich Hamburg und die Universität Hamburg ausgesucht?
Die Möglichkeiten für Kooperation sind in Hamburg enorm und ich muss noch genau darüber nachdenken, mit wem ich kooperieren möchte, da es einfach so viel Potenzial gibt. Hamburg bietet eine tolle Umgebung und ist eine sehr weltoffene Stadt. Das hilft auch bei der Gewinnung von fähigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch aus dem Ausland. Aber ich möchte auch mithelfen, die Informatik und speziell Maschinelles Lernen, KI und Data Science an der Universität Hamburg weiter auszubauen. Denn da hat die Informatik in Hamburg noch großes Potenzial. Gerade wenn man sich ansieht, wie groß die Stadt ist und wie viele Arbeitgeber es hier gibt, die diese Technologie eigentlich benötigen.
Was planen Sie für Ihre Lehrveranstaltungen?
Ich möchte, dass die Studierenden verstehen, wann ich die Methoden des Maschinellen Lernens anwenden kann und wann nicht. Sie sollen also die Methoden wirklich verstehen und nicht nur anwenden. Mein großes Ziel ist es, dass die Studierenden sehen, dass all diese Sachen nicht einfach vom Himmel fallen, sondern dass die Methoden auf mathematischen Grundlagen basieren. Anwendung ist superwichtig, aber da gibt es bereits ganz viele Kolleginnen und Kollegen, die sich darum kümmern. Meine Vorlesung halte ich häufig interaktiv. Ich gebe den Studierenden für gewöhnlich ein Problem vor und dann kommen sie häufig mit Ideen, die schon sehr gut sind. Diese entwickeln wir dann weiter und meistens kommen tatsächlich auch die Lösungen heraus, die im Lehrbuch stehen.
Eine Frage zum Schluss: Was halten Sie von der sechsmonatigen Entwicklungspause von KI-Systemen, die aktuell von verschiedenen Gruppen gefordert wird?
Ich bin da zwiegespalten, denn schon aus praktischer Sicht wird eine Entwicklungspause nicht funktionieren. Es arbeiten einfach zu viele verschiedene Institutionen, Firmen sowie Menschen seit Jahren daran und einige werden trotzdem einfach weitermachen. Ich finde es aber tatsächlich sinnvoll, sich einmal Zeit zu nehmen und genau zu überlegen, was diese Technologie für Implikationen hat, denn speziell bei generativen Methoden muss man in Bezug auf Fake-News und Fake-Bilder schon heute sehr aufpassen. Letztlich ist KI ein Werkzeug wie ein Messer, man kann damit gute Sachen machen, aber auch schlechte.