„Willkommen an Bord“„Das Verständnis für Quantenmechanik wird auch außerhalb der Physik eine zunehmend wichtige Rolle spielen“Prof. Dr. Martin Eckstein verstärkt die Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
22. November 2022, von Eckstein/Red.
Foto: privat
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor.
Prof. Dr. Martin Eckstein ist zum 1. Oktober 2022 von der Universität Erlangen-Nürnberg an die Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften gekommen und hat eine Professur für „Theorie der Quanten-Vielteilchendynamik“ angetreten. Er wird am I. Institut für Theoretische Physik arbeiten und im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forschen.
Mein Forschungsgebiet in drei Sätzen:
Ich untersuche die Dynamik von sogenannter Quantenmaterie, also von Systemen, in denen ungewöhnliches makroskopisches Verhalten durch quantenphysikalische Effekte auf der mikroskopischen Ebene hervorgerufen wird. Durch eine theoretische Beschreibung versuchen wir zu verstehen, wie sich interessante Zustände wie Supraleitung gezielt und auf kürzesten Zeitskalen beeinflussen lassen. Dies erfordert oft neue Ansätze, die zum Teil auch quantenphysikalische Konzepte selbst als Teil der Lösung verwenden.
Und so erkläre ich meinen Freunden, worum es da geht:
Seit jeher ist es eine der fundamentalsten Fragen der Physik, wie aus dem kooperativen Zusammenspiel von vielen wechselwirkenden Objekten außergewöhnliches makroskopisches Verhalten entsteht. So verursacht zum Beispiel das Zusammenspiel der Elektronen in Materie auf makroskopischer Ebene unerwartete Phänomene wie die Supraleitung, bei der der elektrische Strom ohne Widerstand fließt. Wir sind besonders an der Dynamik von solchen Zuständen interessiert: Können wir aus der zeitlichen Entwicklung nach einer Anregung etwas über die Ursache von kooperativem Verhalten lernen? Gibt es Wege, dieses Verhalten etwa durch kontrollierte Lichtpulse gezielt zu beeinflussen? Wir versuchen solche Fragen theoretisch zu verstehen, also ausgehend von den Gleichungen für die Bewegung der Elektronen und Atome in Materie.
Dabei arbeiten wir mit experimentellen Gruppen zusammen, die mit neuen Geräten wie dem Röntgenlaser XFEL erstmals einen detaillierten Einblick in die Dynamik von komplexer Materie auf kürzesten Zeitskalen erhalten können. Für das theoretische Verständnis der mikroskopischen Physik sind die Gesetze der Quantenmechanik zentral: Wie im bekannten Beispiel von Schrödingers Katze kann ein Quantensystem gleichzeitig in mehreren Zuständen vorliegen, und schon für wenige Teilchen steigt die Anzahl dieser Zustände schnell ins Unermessliche. Man stößt so auf Gleichungen, die selbst mit modernen Großrechnern nicht zu lösen wären. In dieser Vielzahl der Zustände liegt die Herausforderung für das Verständnis von Quantenphänomenen, aber auch deren Potenzial für Anwendungen im Bereich der Quantentechnologie. Unsere spannende Aufgabe besteht darin, neue Methoden zur Beschreibung von solchen Systemen zu finden, die zum Teil auch quantenphysikalische Konzepte selbst als Teil der Lösung verwenden.
Darum freue ich mich auf Hamburg – auf die Stadt und die Universität:
Hamburg hat sich mit dem Exzellenzcluster CUI und Forschungsinstituten wie dem Max Planck Institut MPSD zu einem Standort entwickelt, der auf dem Gebiet der Dynamik der Quantenmaterie weltweit ganz vorn mitspielt. Die experimentelle Infrastruktur vor Ort, auch mit Großgeräten wie dem Röntgenlaser XFEL, erlaubt in einzigartiger Weise einen Einblick, wie komplexe Prozesse in Materie detailliert ablaufen. Ich freue mich darauf, mit Kolleginnen und Kollegen in diesem Umfeld zu arbeiten.
Gleichzeitig habe ich Hamburg als eine weltoffene Stadt kennengelernt, mit einer hohen Lebensqualität und einer Vielzahl an kulturellen Veranstaltungen. Die Entwicklung der letzten Jahre an der Universität und die spannenden Pläne für die Zukunft zeigen, dass Wissenschaft und Bildung hier eine hohe Wertschätzung erfahren, nicht nur im Bereich der Physik. Ich bin sicher, dass sich diese Dinge auch in einer hohen Attraktivität für Studierende und Forschende aus dem In- und Ausland widerspiegeln, und so weiter dazu beitragen, Hamburg als führenden Wissenschaftsstandort zu etablieren.
Darum sollten Studierende unbedingt meine Veranstaltungen besuchen:
Die Quantenphysik ist für mich das faszinierendste Gebiet der Physik. Es widerspricht in all seinen zentralen Grundsätzen unserer Intuition, ist aber doch fundamental wichtig für das Verständnis der uns umgebenden Natur. Die theoretische Festkörperphysik baut direkt auf diesen Prinzipien der Quantenphysik auf und steht an der spannenden Schnittstelle zwischen einem klassischen Verständnis der Materie und neuen Konzepten der Quantentechnologie: Einerseits wollen wir verstehen, wie Quantenphysik den Eigenschaften der Materie zugrunde liegt, auf der anderen Seite verwenden wir quantenphysikalische Konzepte selbst als Lösungsansatz für verschiedene Probleme. Ich bin überzeugt, dass die Quantenphysik in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung auch für technologische Entwicklungen gewinnen wird und dass ein Verständnis der Quantenmechanik auch außerhalb der Physik eine zunehmend wichtige Rolle spielen wird. Mit einer entsprechenden Ausbildung in der Physik möchte ich dazu beitragen, Studierende darauf vorzubereiten, an dieser technologischen Revolution mitzuwirken.
Blick in die weite Welt: Mit diesen internationalen Einrichtungen, Universitäten oder Institutionen arbeite ich zusammen
Die theoretische Physik ist und war seit jeher ein sehr internationales Gebiet. Fast täglich besprechen ich mich mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland, in letzter Zeit etwa mit Arbeitsgruppen in Slowenien (Josef Stefan Institut, Ljubljana), der Schweiz (Universität Fribourg), Italien (Universität Trieste, Universität Salerno), den USA (Flatiron Institute in New York), und Japan (Universität Tokio).