UHH-Postdoc bei den norddeutschen MeisterschaftenMit Science Slam gegen den Klimawandel
10. Oktober 2022, von Anna Priebe
Foto: A. Hartmann
Auf den Punkt und hoch aktuell: Dr. Maria-Elena Vorrath aus dem Fachbereich Erdsystemwissenschaften der Uni Hamburg nimmt am 12. Oktober an den norddeutschen Meisterschaften im Science Slam teil. Im Interview spricht sie über notwendige Vereinfachungen und persönlichen Einsatz.
Was ist der erste Schritt, um erfolgreich an einem Science Slam teilzunehmen?
Man muss verstehen, dass die Menschen im Publikum nicht jedes Detail der Forschung kennen müssen. Vielmehr muss man sich im Vortrag auf eine zentrale Aussage konzentrieren. In dem Beitrag, mit dem ich mich für die Meisterschaften qualifiziert habe, geht es um Alkalitätserhöhung im Meer. Statt jedes Detail zu erklären, beschreibe ich, wie es kommt, dass ein Mineral sich auflöst und dadurch das CO2 bindet. Auch wenn das nur wenige Prozent der Forschung sind, ist das der zentrale Mechanismus – und alles andere ist in dem Moment zweitrangig.
Ist es nicht schwierig, so viel wegzulassen und andere Begriffe zu finden?
Eigentlich nicht, denn meine Eltern haben mich schon während meines Studiums immer gefragt, was ich da eigentlich mache. Zuerst habe ich das sehr kompliziert erklärt, aber man merkt schnell, dass man aus dem Fachjargon raus muss. Metaphern helfen da zum Beispiel sehr. Man muss es üben, aber mit der Zeit geht es dann immer besser.
Wir müssen jede Plattform nutzen, um zu informieren
Warum ist es denn so wichtig, dass man Forschung vereinfacht?
Wir können auf diese Weise etwas zurückgeben. Mir wurde ermöglicht, zu studieren und zu promovieren, ohne mich dafür hoch zu verschulden. Jetzt kann ich helfen, eines der größten Probleme der Gegenwart zu bekämpfen – und daran möchte ich alle teilhaben lassen und gleichzeitig zum Mitmachen auffordern.
Das ist beim Thema Klimawandel besonders wichtig: Durch die sogenannte „false balance“ kommen in den Medien auch Expertinnen und Experten zu Wort, die am Klimawandel zweifeln oder ihn verharmlosen. Dadurch entsteht der Eindruck, es gäbe in der Wissenschaft noch eine Diskussion über seine Existenz. Aber das ist nicht der Fall – und wir als Forschende müssen da auch persönlich Stellung beziehen. Manche sagen vielleicht: Wir haben unsere Ergebnisse an die Politik gegeben und die Verantwortung liegt jetzt woanders. Aber ich finde, es ist mehr als deutlich, dass das so nicht funktioniert. Wir müssen jede Plattform nutzen, um zu informieren, denn wir kommen nur gemeinsam aus der Klimakrise.
Profitieren Sie denn umgekehrt auch in Ihrer Arbeit vom Slammen?
Mir helfen die Auftritte sehr, denn ich arbeite zum Beispiel viel interdisziplinär und mit externen Stakeholdern, etwa Vertreterinnen und Vertretern aus der Wirtschaft oder Landwirtschaft. Da kann zum Beispiel nicht jeder mit dem Begriff Verwitterung etwas anfangen. Durch die Auftritte weiß ich, welche Aspekte für das Verstehen meiner Arbeit essenziell sind, und kann sie schnell und verständlich präsentieren. Um die Ergebnisse in die Anwendung zu bringen, müssen wir eine gemeinsame Sprache finden – und durch das Slammen wird das viel einfacher.
An der Uni starten Sie gerade Ihre Forschung zur Speicherung von CO2 in Pflanzenkohle. Haben Sie sich dafür schon eine Science-Slam-Beschreibung überlegt?
Wir wollen untersuchen, wie man Pflanzenkohle und Basalt in der Landwirtschaft als Düngemittel einsetzen kann, sodass der Boden maximal profitiert, aber auch so viel Kohlenstoff wie möglich gebunden wird. Pflanzenkohle entsteht, wenn man Pflanzen- oder Holzreste per Pyrolyse-Verfahren unter hohen Temperaturen von mehr als 450 Grad und ohne Sauerstoff erhitzt und verkohlt. Die entstehende Kohle hat je nach Ausgangsmaterial und Verarbeitungsweise einen Kohlenstoffgehalt von bis zu 95%. Das Basalt löst sich im Wasser des Bodens auf – ein Prozess, bei dem Kohlenstoffdioxid in Bikarbonat umgewandelt wird. In dieser Form wird er über Jahrtausende gebunden. Dadurch ergänzen sich die Stoffe sehr gut und versorgen beide den Boden und die Nutzpflanzen gleichzeitig mit wichtigen Nährstoffen.
Auf der Bühne würde ich es, glaube ich, so beschreiben: Wir essen ja alle gerne Süßes – und da geht es Pflanzen nicht anders. Mit der Pflanzenkohle und dem Basalt geben wir den Pflanzen quasi Leckerlis und sorgen so dafür, dass es dem Boden richtig gut geht – wie eine Wellnesskur für den Ackerboden.
Science Slam
Beim Science Slam gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf große und kleine Bühnen und erklären dem Publikum ihre Forschung. Eine Jury aus den anwesenden Gästen bewertet die Auftritte und kürt die Siegerin bzw. den Sieger. Wichtigstes Kriterium: Die Vorträge, die in der Regel mit einer PowerPoint-Präsentation unterstützt werden und rund zehn Minuten dauern, müssen verständlich und möglichst unterhaltsam sein. Die norddeutschen Meisterschaften im Science Slam 2022 finden am 12.10.2022 um 20.30 Uhr im Uebel & Gefährlich statt.