„Willkommen an Bord“„Die Vielfalt an Interaktionen zwischen Pflanzen und Pilzen fasziniert mich jeden Tag aufs Neue“Prof. Dr. Dominik Begerow verstärkt die Biowissenschaften und ist neuer Direktor des Loki Schmidt Gartens
23. September 2022, von Begerow/Red.
Foto: UHH/Esfandiari
Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Universität Hamburg. In dieser Reihe stellen wir sie und ihre Forschungsgebiete vor.
Prof. Dr. Dominik Begerow ist von der Ruhr-Universität Bochum nach Hamburg gekommen und arbeitet seit dem 1. August 2022 in der MIN-Fakultät am Institut für Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie. Er ist außerdem neuer Direktor des Loki Schmidt Gartens.
Mein Forschungsgebiet in wenigen Sätzen:
Im Fokus meiner Forschung stehen die Pilze und deren vielfältigen Interaktionen mit Pflanzen. Pflanzenparasiten wie die Brandpilze sind auf lebende Wirtspflanzen angewiesen und haben deshalb im Laufe der Evolution einen fein abgestimmten Infektionsmechanismus entwickelt, der die Abwehr der Pflanzen spezifisch umgeht. Durch Infektionsversuche und vergleichende Genomik versuchen wir, die Mechanismen der unterschiedlichen Arten zu verstehen. Dabei schauen wir insbesondere Prozesse der Artbildung, Hybridisierung und Koevolution an. Damit wird auch das Schwerpunkt Programm Taxon-Omics (SPP1991) von Bochum nach Hamburg umziehen.
Darüber hinaus interessieren wir uns auch für die Interaktion von ganzen Pilzgemeinschaften mit den Pflanzen – an der Wurzel, auf dem Blatt oder im Nektar der Blüten – die wir mit Hilfe von Metabarcoding-Ansätzen charakterisieren. Dabei wird zunehmend deutlich, dass das Microbiom der Pflanzen einen großen Effekt auf ganze Ökosysteme haben kann. In Hamburg möchten wir dabei insbesondere die Rolle der Pilzgemeinschaften beim Klimawandel analysieren.
Und so erkläre ich Kindern, Freunden und meiner Familie, worum es da geht:
Im Laufe der Zeit verändern sich Organismen und werden aufgrund von positiven oder negativen Merkmalen häufiger oder seltener. Dabei spielen nicht nur einfache Umwelteinflüsse wie Temperatur und Niederschlag eine Rolle, sondern auch Interaktionen zwischen den Arten. Pflanzenparasiten führen z. B. dazu, dass Pflanzen mit Hilfe der Photosynthese weniger Energie erzeugen können und darüber hinaus nutzen Sie auch noch die Energie der Pflanzen. Deshalb wehren sich die Pflanzen auch gegen Parasiten – doch diese sind meist schneller und passen sich an die Abwehrmaßnahmen an. Wir untersuchen nun den genetischen Code der Parasiten und vergleichen deren Anpassungen untereinander. Daraus lernen wir die erfolgreichen Konzepte der Parasiten und verstehen vielleicht in der Zukunft, wie wir die Pflanzen auf mögliche Veränderungen vorbereiten können.
Mit modernen genetischen Methoden können wir sogar die Zusammensetzung von Hunderten verschiedener Pilzarten in einem kleinen Habitat, wie z. B. dem Blatt, analysieren und damit sehr schnell Aussagen zu Veränderungen aufgrund von Umwelteinflüssen machen. So konnten wir z. B. kürzlich zeigen, dass in den deutschen Wäldern an verschiedenen Standorten ganz unterschiedliche Arten vorkommen. Wenn wir uns aber anschauen, was die Pilze dort jeweils machen, sehen wir, dass in vergleichbaren Wäldern jeweils unterschiedliche Pilze genau dasselbe machen bzw. die selben Enzyme aktiv sind. Diese Redundanz ist vermutlich besonders wichtig, um auf den Klimawandel reagieren zu können und mögliche negative Effekte zu puffern.
Darum freue ich mich auf Hamburg – auf die Stadt und die Universität:
Ganz besonders freue ich mich auf die neuen Kolleginnen und Kollegen in Hamburg. Da werden sicher einige Kooperationen möglich, die unsere Forschungsinteressen kombinieren. Ebenso freue ich mich auf die neuen Aufgaben als Direktor des Loki Schmidt Gartens. Auch hier sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen ich gemeinsam den Garten weiterentwickeln möchte, um die Bedeutung der Pflanzen für die Zukunft unseres Planeten noch sichtbarer zu machen.
Das sind meine Pläne an der Universität Hamburg:
Neben den Projekten in der Forschung möchte ich vor allem dem Loki Schmidt Garten ein klareres Profil geben und seine Bedeutung für die Universität und für Hamburg stärken. Der Garten ist durch die fleißige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem tollen Zustand. Ich möchte mit den Gärtnerinnen und Gärtnern die Besonderheiten der Hamburger botanischen Sammlungen stärker in den Vordergrund stellen, weil ich überzeugt bin, dass die Diversität der Pflanzen ein zentraler Baustein für die Lösung zukünftiger Herausforderungen unserer Gesellschaft sind. Der Fokus auf Nutzpflanzen, der hier eine lange Tradition hat und der durch das Loki Schmidt Haus eine besondere Heimat hat, ist für mich eine Verpflichtung, um dieses Thema weiter zu entwickeln. Wir sind von Pflanzen nicht nur als Lebensmittel abhängig – sie werden in Zukunft noch eine größere Rolle in der Medizin und der Biotechnologie spielen. Das möchten wir den Mitarbeitenden, den Studierenden und der ganzen Hamburger Bevölkerung anschaulich näher bringen.
Darum sollten Studierende unbedingt meine Veranstaltungen besuchen:
Mit dem Namen meiner Abteilung „Organismische Botanik und Mykologie“ wird deutlich, dass ich mich auch der vernachlässigten Gruppe der Pilze widmen werde. In den Lehrplänen an Schulen und Universitäten spielen sie oft kaum eine Rolle und sind doch unendlich wichtig in unseren Ökosystemen. Sie kommen überall vor und nehmen beim Abbau von organischem Material eine zentrale Rolle ein. Ich lade die Studierenden in meinen Lehrveranstaltungen ein, diese Organismen besser kennenzulernen, damit wir die Forschung mit Pilzen stärken und für uns in Zukunft besser nutzen können. Dabei sind die Pilze so besonders, weil es noch vieles zu entdecken gibt: neue Arten, neue Organellen, neue Wirkstoffe, neue Stoffwechselwege... Echte, neugierige Entdeckerinnen und Entdecker sind bei uns also immer willkommen.
Blick in die weite Welt: Mit diesen internationalen Einrichtungen, Universitäten oder Institutionen arbeite ich zusammen
Als langjähriges Mitglied im Executive Board der Internationalen Mykologischen Vereinigung, bin ich weltweit mit meiner Forschung vernetzt. Wir haben einen regen Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Frankreich, USA, Südafrika, Bulgarien, Niederlande, Belgien, China, Ecuador, Portugal und anderen Ländern. Regelmäßig sind internationale Kolleginnen und Kollegen hier zu Gast und viele unserer Abschlussarbeiten oder Promotionen finden zum Teil in anderen Ländern statt.
Darum ist meine Forschung für die Gesellschaft wichtig – zur Lösung dieser Probleme könnte meine Forschung beitragen:
Auch wenn unsere Forschung vor allem die Grundlagen der Evolution und Ökologie von Pilz-Pflanze-Interaktionen beleuchtet, so spielen doch viele angewandte Aspekte eine Rolle für die Motivation zu unserer Forschung. Der Klimawandel bedroht unsere Nahrungsgrundlage zunehmend und noch ist das Verhalten der Parasiten und anderer Interaktionspartner in diesem Zusammenhang weitestgehend unerforscht. Wenn wir besser verstehen, wie Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze mit den Veränderungen klar kommen und wie sie darauf reagieren, können wir vielleicht nachhaltige Lösungen entwickeln, die nicht zu neuen Problemen führen.