Zweiter Karriereweg in der WissenschaftAus der Praxis zur Promotion
7. September 2022, von Anna Priebe
Foto: Boris Rostami
Nach ihrem BWL-Diplom an der Universität Hamburg hat Sinika Studte zehn Jahre lang in einem Verlag gearbeitet. Dann entschied sie sich für eine Promotion im Team der Professur „Marketing & Medien“ an der Fakultät für Betriebswirtschaft und arbeitet heute als Professorin an der Hamburg School of Business Administration. Im Interview berichtet sie über einen Weg in die Hochschullehre, der wenig bekannt ist.
Wann und warum haben Sie sich nach langer Berufstätigkeit doch für eine Promotion entschieden?
Nachdem ich lange Zeit im Verlag gefördert und gefordert wurde, zum Beispiel durch Angebote wie das Führungsnachwuchskräfteprogramm, war dies in Teilzeit mit zwei Kindern nicht mehr der Fall. Zudem gab es im Unternehmen Umstrukturierungen, die mich dazu bewogen haben, neue Wege einzuschlagen.
Als Mutter von zwei kleinen Kindern und mit einem Ehemann, der im Vertrieb arbeitet, war für mich klar, dass der neue Weg zwar auch eine Herausforderung für mich sein sollte, aber gleichzeitig die notwendige Flexibilität bieten musste. Und da mir das wissenschaftliche Arbeiten immer sehr viel Spaß gemacht hat und ich auch direkt nach dem Studium überlegt hatte, zu promovieren, habe ich meinen „alten Diplomarbeits-Betreuer“ Michel Clement kontaktiert.
Er hat mir ganz offen gesagt, was eine Promotion aus seiner Sicht für mich bedeuten würde, also mit welchen Herausforderungen ich zu rechnen habe, wie viel Zeit ich einplanen müsse usw. So hatte ich auf einer soliden und ehrlichen Informationsbasis die Möglichkeit, mir mein Vorhaben durch den Kopf gehen zu lassen – und mich Gott sei Dank nach kurzer Überlegung dafür entschieden.
Was war die größte Herausforderung bei diesem Schritt?
Es gab aus meiner Sicht eigentlich zwei große Herausforderungen. Die erste bestand definitiv darin, sich erst einmal wieder in die Themen „wissenschaftliches Arbeiten“ und „statistische Methoden“ einzuarbeiten. Das hat ehrlicherweise auch ein gutes Jahr gedauert. Allerdings arbeitet man ja nicht allein, sondern in einem wunderbaren Team, in dem es für viele Fragestellungen Spezialisten gibt, an die man sich immer wenden kann, sowie eine sehr hilfsbereite Promotions-Community. Zudem bekommt man die Möglichkeit, an vielen Kursen teilzunehmen, die einem das notwendige Wissen kompakt und intensiv vermitteln.
Die zweite große Herausforderung bestand eigentlich in mir selbst und meinem eigenen Anspruch. Als „Promovierende in Teilzeit“ war ich immer die erste, die nachmittags das Büro verlassen hat, sowie diejenige, die zeitlich am unflexibelsten war. Das hat mich belastet, weil ich meine Kolleginnen und Kollegen ja nicht allein lassen wollte und mich auch nicht aus wichtigen To-dos „herausziehen“ und weniger einbringen wollte als die anderen – insbesondere, wenn wir gemeinsam an Projekten gearbeitet haben. Das war tatsächlich recht schwer für mich und stets mit einem schlechten Gewissen verbunden. In Wirklichkeit bestand dieses Problem lediglich für mich und weder für meinen Betreuer noch für meine Kolleginnen und Kollegen. Sie hatten stets sehr viel Verständnis für meine Situation und haben mich immer bestärkt in dem, was ich tue.
Was ist Ihr Rat an andere Promotionsinteressierte, die momentan noch im Beruf tätig sind?
Das ist eigentlich recht einfach: Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, zu promovieren, dann traut euch einfach! Sucht euch einen passenden Lehrstuhl und vor allem ein Forschungsthema, das euch wirklich interessiert und bewerbt euch! Aus meiner Sicht könnt ihr nur gewinnen – an Erfahrung, an Flexibilität, an unvergesslichen Erlebnissen und an ganz neuen Möglichkeiten, Karriere zu machen.
Informationen für Promotionsinteressierte aus der Praxis
Neben den Graduiertenschulen der Fakultäten der Universität Hamburg als wichtigem Erstkontakt ist die Hamburg Research Academy (HRA) eine zentrale Anlaufstelle für alle, die eine Promotion anstreben. Auch Berufstätige können sich hier über Voraussetzungen und Verfahren informieren. Regelmäßige Informationsmöglichkeiten sind zum Beispiel die „HRA spotlight“-Veranstaltungen, die es unter anderem zu Themen wie „Promovieren? Wissenswertes für die Entscheidung“ und „Erste Schritte für Promotionsinteressierte“ gibt. Zudem bietet das Career Center der Uni Hamburg ein umfangreiches Programm für diese Zielgruppe. Viele der Veranstaltungen finden in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Forschung und Wissenschaftsförderung der Uni Hamburg statt. Auch bei ihr gibt es zahlreiche Unterstützungs- und Informationsangebote für Promovierende, etwa zu Stipendien. Das Referat Strategische Personalentwicklung und Recruiting steht allen Promovierenden und Beschäftigten bei ihrer individuellen Karriereentwicklung beratend zur Seite und widmet sich der strategischen Talentförderung.