Neue Ausstellung „Eozän. Am Beginn unserer Welt“Wie sah die Welt vor 50 Millionen Jahren aus?
6. April 2021, von Anna Priebe
Wie sah unsere Welt vor 34 bis 56 Millionen Jahren aus? Eine neue Ausstellung im Zoologischen Museum des Centrums für Naturkunde (CeNak) gibt Einblick in diese Zeit. Dr. Lioba Thaut ist am CeNak für Ausstellungsentwicklung verantwortlich und erklärt die besonderen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie.
Am 8. April 2021 startet die neue Sonderausstellung. Wie lange im Voraus begannen die Planungen und welche Rolle spielte die Pandemie?
Die Idee für die Ausstellung kam vor mehr als zwei Jahren auf, als der Leiter des Geologisch-Paläontologischen Museums, das zum CeNak gehört, vorgeschlagen hatte, eine Ausstellung zu Bernsteinen zu entwickeln. Das CeNak hat mit 6.000 Stücken eine große, international bekannte Bernsteinsammlung. Die Idee haben wir dann immer weiter konkretisiert und ungefähr im Januar 2020 angefangen, ein Konzept zu erarbeiten. Eine Ausstellungsgestalterin haben wir etwa im Mai ins Boot geholt. Wir hatten mit den Planungen also bereits vor der Pandemie angefangen und schon vieles entwickelt, aber unter den neuen Bedingungen brauchten wir schlicht mehr Zeit. Deshalb haben wir den Ausstellungsbeginn von Herbst 2020 auf April 2021 verschoben.
Was ist in der Ausstellung zu sehen?
Wir beschäftigen uns mit einer Zeit, in der Bernstein entstanden ist, also dem Eozän vor 34 bis 56 Millionen Jahren. Los geht es mit einem kurzen Überblick, was vorher passiert ist: Die Dinosaurier starben durch den Meteoriteneinschlag aus und es folgte eine längere Phase, in der sich neues Leben entwickelte. Im ersten großen Ausstellungsteil stellen wir die Lebenswelt des neuen Zeitalters vor, vor allem anhand von zahlreichen Fossilien. Diese vielen verschiedenen Tiere zeigen wir in einem Raum, der wie ein Dschungel aussieht. Damals war es in Deutschland viel wärmer und die Vegetation war eine ganz andere.
Und die Bernsteine?
Nach einem kleineren Bereich, in dem das damalige Klima und die fünf Massensterben, zu denen auch das nach dem Meteoriteneinschlag zählte, thematisiert werden, geht es dann zum zweiten großen Ausstellungsteil mit den Bernsteinen. Wir zeigen ganz viele Bernsteine, in denen Tiere eingeschlossen sind. Neben den Originalobjekten haben wir Bilder auf große Leuchtkästen angebracht, auf denen man jedes Detail sehen kann. Aber man sieht auch Gegenstände, die aus Bernstein hergestellt wurden, etwa Schmuck oder ein Feuerzeug, und wir erklären, wie man Bernstein gewinnt. In manchen Regionen der Welt, etwa in Burma, wird der nämlich unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut.
Wie wurden die Inhalte in ein digitales Format übertragen?
Erste Erfahrungen mit der Digitalisierung von Ausstellungen haben wir bereits 2019 bei unserer Sonderausstellung zu Alexander von Humboldt gesammelt. Wie damals haben wir auch jetzt mit Dataport, dem IT- und Telefondienstleister der Verwaltung in Hamburg, zusammengearbeitet. Für die Digitalisierung werden Kameras für 360-Grad-Aufnahmen an verschiedenen Punkten in der Ausstellung aufgestellt, die am Ende zusammengefügt werden. Es entsteht ein virtueller Rundgang, bei dem man sich durch die Ausstellung klicken, die Objekte betrachten und heranzoomen und auch die Texte lesen kann. Die Qualität ist wirklich sehr gut. Natürlich ersetzt dieser digitale Rundgang nicht den echten Besuch in der Ausstellung, aber er kann neugierig machen.
Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung der Sonderausstellung?
Die größte Herausforderung war gar nicht die Digitalisierung, sondern der Aufbau der Ausstellung selbst unter den veränderten Arbeitsbedingungen. Sonst sind alle Beteiligten die ganze Zeit vor Ort, man kann jederzeit in die Ausstellung gehen und gucken, ob ein Objekt oder eine Inszenierung wirklich so wirkt wie gedacht oder ob etwas doch anders umgesetzt werden muss. Jetzt sind Konzept und Bau quasi voneinander getrennt. Und während man vor der Pandemie auch einfach mal in den Baumarkt gefahren ist und fehlende Teile besorgt hat, um die Ausstellung zu optimieren, fällt das jetzt alles weg. Wir müssen viel improvisieren.
Was ist zusätzlich zur Ausstellung geplant – digital und vor Ort, wenn es wieder geht?
Für die digitale Zeit sind thematisch passende Zoom-Veranstaltungen in Vorbereitung – mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aber auch mit Autorinnen und Autoren. Das wird ein buntes Programm. Da aber wohl bis September keine Veranstaltungen an der Universität stattfinden dürfen, ist es aber schwierig, darüber hinaus schon konkret zu planen. Führungen, ein Familientag, ein spezielles Angebot zur Bernsteinverarbeitung – bei dem Thema ist wirklich eine Menge denkbar und die Kolleginnen und Kollegen aus der Abteilung „Wissenschaftliche Bildung“ haben viele tolle Ideen.
Es gibt in der Ausstellung zum Beispiel auch eine Entdeckerspur, auf der man die Ausstellung mit allen Sinnen erleben soll, etwa an einer Geruchs- und eine Hörstation. Die haben wir realisiert und man sieht sie in der digitalen Ausstellung. Aber wie wir sie dann einsetzen, wenn wir wieder öffnen können, müssen wir schauen. Momentan müssen wir erstmal abwarten.
Ein Blick in die Zukunft: Wird es weiterhin diese hybriden Ausstellungskonzepte geben, um zum Beispiel Menschen außerhalb Hamburgs den Besuch der Angebote zu ermöglichen?
Ich denke schon. Es ist wirklich eine tolle Möglichkeit für Interessierte, die nicht vor Ort sind. Zudem finde ich es super, um so Wissen zu erhalten. Man überlegt sich eine Ausstellung, konzipiert und baut sie, das nimmt viel Zeit in Anspruch – und dann wird sie meistens nach spätestens einem Jahr wieder abgebaut. Die Digitalisierung ist quasi eine Archivierung, die es ermöglicht, die Ideen und Inhalte zu erhalten und die Ausstellung jederzeit wieder zu besuchen.
Sonderausstellung „Eozän. Am Beginn unserer Welt“
Die Ausstellung „Eozän. Am Beginn unserer Welt“ wird vom 8. April 2021 bis zum 23. Januar 2022 im Zoologischen Museum der Universität Hamburg zu sehen sein. Solange das Museum geschlossen ist, kann die Ausstellung digital auf der Seite des Centrums für Naturkunde (CeNak) besucht werden. Sie wird am 8. April um 16 Uhr eröffnet. Neben Video-Grußworten von Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung Hamburg, des Universitätspräsidenten Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lenzen und CeNak-Direktor Prof. Dr. Matthias Glaubrecht wird es dann auch einen Making-Of-Beitrag sowie eine digitale Führung durch die Ausstellung mit den beteiligten Wissenschaftlern geben. Wenn die Türen des Museums wieder sicher geöffnet werden können, wird es auch ergänzende Events in Präsenz – zum Beispiel Führungen – geben. Bis dahin sind Online-Vorträge mit Forschenden geplant.