In diesem Jahr kurz und digitalBilanz des „Tags der StadtNatur“
19. Juni 2020, von Anna Priebe / Mareen Gerisch
Mit Expertinnen und Experten Tierarten zählen und Pflanzen bestimmen: Beim „Langen Tag der StadtNatur“ können Hamburgerinnen und Hamburger ihre Stadt und die Umgebung ganz neu kennenlernen. Dieses Jahr wurde aus der Aktion aufgrund der Corona-Pandemie der überwiegend digitale „Kurze Tag der StadtNatur“.
So waren durch die Corona-Einschränkungen höchstens Kleingruppen erlaubt – und ein Großteil des Projektes fand vollständig digital statt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Centrums für Naturkunde dokumentierten ihre Arbeit in insgesamt fünf Videos, die auch weiterhin abrufbar sind.
Zum Beispiel zeigte Vogelkundler Thomas Tietze, Leiter der Abteilung Ornithologie am CeNak, auf einer Exkursion entlang der Bille in Bergedorf die Besonderheiten heimischer Singvögel und ihrer Gesänge sowie Lebensweisen. Per Video stellen die Forschenden auch drei Monitoring-Projekte vor, für die sie gemeinsam mit Studierenden sowie Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern unterwegs waren. Unter dem Motto „Natürlich Hamburg!“ kartierten sie städtische Gärten und Parkanlagen und die dortige Artenvielfalt.
Erstaunliche Bilanz für Insekten und Co.
Im Schnaakenmoor im Westen Hamburgs etwa bestimmten die Insektenkundler Martin Kubiak und Timo Zeimet die Vielfalt nachtaktiver Insekten in einem der letzten Hochmoorrelikte der Stadt. Sie beobachteten dabei seltene Arten wie das Kleine Nachtpfauenauge – eine in Schleswig-Holstein als gefährdet eingestufte Nachtfalterart. An der Alsterschleife in Poppenbüttel gingen Masterstudent Timo Zeimet bei einer Lichtfang-Aktion – in Kooperation mit dem NABU – insgesamt 34 Nachtfalter-Arten ins Netz. Auf eine genaue Artenzahl werden die Forschenden in diesem Jahr aber etwas länger warten müssen, denn viele Expertinnen und Experten konnten aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht persönlich anwesend sein. Die Belege werden nun zur Bestimmung weitergegeben.
In der Park- und Grünanlage „Obere Bille“ in Hamburg-Bergedorf, wo sich 15 Fachleute der Tier- und Pflanzenkunde mit Sicherheitsabstand in Taucheranzug oder ausgerüstet mit Kescher und Bodenfallen auf die Suche machten, wurde eine in Hamburg als „vom Aussterben bedroht“ geltende Art nachgewiesen: die Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo). Sie ist auf sauerstoffreiche und in der Regel beschattete, strukturreiche Waldbäche angewiesen – wie die ebenfalls seltene und an der Bille in größerer Zahl nachgewiesenen Bachhafte (Osmylus fulvicephalus). „Die umfangreichen Insekten-Aufsammlungen liefern wichtige Informationen für die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die für den dauerhaften Erhalt dieser wertvollen Lebensräume notwendig sind“, erklärt Insektenforscher Kubiak.
Gärten im Fokus
Einen besonderen Fokus legen die CeNak-Forschenden auch auf die Gärten Hamburgs, speziell in der Steenkampsiedlung in Bahrenfeld. „Privatgärten nehmen in Städten einen durchaus beachtlichen Flächenanteil ein. Allerdings gibt es kaum verfügbare Daten zur vorkommenden Tier- und Pflanzengemeinschaft“, weiß Martin Kubiak. Das wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ändern. Die Daten, die bei der Arteninventur in 19 Gärten der Siedlung gesammelt wurden, liefern einen ersten Einblick in deren Artenvielfalt und sollen eine Vergleichsbasis für folgende Bestandsaufnahmen bilden. So konnten die Expertinnen und Experten in zahlreichen Gärten mehrere Amphibienarten, darunter auch gefährdete Arten wie den Grasfrosch oder die Erdkröte nachweisen. Auch Insektenarten, zum Beispiel das Langrüsselige Stockrosen-Spitzmäuschen, Gartenlaubkäfer, Ritterwanzen und Ackerhummeln, wurden gesichtet.
Die abschließenden Ergebnisse der Erfassung werden im Spätherbst vorliegen. Im Anschluss wollen die Expertinnen und Experten gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Steenkampsiedlung die Artenvielfalt in der Siedlung erhalten und weiter fördern, indem sie entsprechende Konzepte entwerfen und miteinander diskutieren.
Langer bzw. Kurzer Tag der StadtNatur
Seit 2017 ist das CeNak Kooperationspartner des „Langen Tags der StadtNatur“ der Loki Schmidt Stiftung und des GEO-Tags der Natur. Immer Mitte Juni werden Bürgerinnen und Bürger zu einem Wochenende der Natur-Entdeckung eingeladen. Ein großes Ziel des Projektes ist es, auf die Bedrohung der Vielfalt von Lebensräumen sowie von Pflanzen- und Tierarten aufmerksam zu machen. Die Videos des „Kurzen Tag der StadtNatur“ gibt es weiterhin auf der CeNak-Webseite zum Nachschauen und Entdecken.
