Angriff ohne VorwarnungFilm- und Diskussionsabend zu militärischen Drohnen am 21. Januar
17. Januar 2020, von Hendrik Tieke

Foto: Wikicommons/Bobby Zapka
Die gezielte Tötung des iranischen Generals Suleimani zeigt: Drohnen verändern die Kriegsführung. Darum geht es auch in einem Film- und Diskussionsabend im Abaton-Kino. Mit dabei: Johanna Polle von der Universität Hamburg. Im Interview erklärt sie, wie Drohnen in modernen Konflikten eingesetzt werden
Johanna Polle ist Doktorandin am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) im Forschungsbereich „Rüstungskontrolle und Neue Technologien“. Sie untersucht unter anderem, aus welchen Motiven Staaten Drohnen einsetzen und welche sicherheitspolitischen Folgen daraus entstehen.
Frau Polle, was genau sind militärische Drohnen?
Im Prinzip sind militärische Drohnen eine Art unbemannte Kampf- oder Aufklärungsflugzeuge. Die kleinsten von ihnen sind so groß wie Kolibris, die größten haben eine Flügelspannweite von 40 Metern. Sie sind mit hochauflösenden Kameras ausgestattet, und einige Modelle können zusätzlich mit Raketen und Bomben bestückt werden.
Seit wann kommen militärische Drohnen zum Einsatz?
Zu Aufklärungszwecken wurden Drohnen schon im Vietnamkrieg in den 1970er Jahren verwendet. Seitdem wurden sie stetig weiterentwickelt. Für viele Staaten sind Drohnen seitdem ein fester Bestandteil moderner Kriegsführung. Bewaffnete Drohnen wurden das erste Mal nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingesetzt. Damals folgte die Regierung Bush der sogenannten Preemptive-Strike-Doktrin: Vermeintliche Terroristen sollten ohne Bodentruppen vor Ort und ohne Vorwarnung in ihren Verstecken ausgeschaltet werden können.

Wie genau findet ein Drohnenschlag gegen ein Ziel statt?
Im Vorfeld werden die Ziele genau ausgekundschaftet. Das kann durch eine Aufklärungsdrohne geschehen, durch Soldaten am Boden oder durch Nachrichtendienste. Danach fliegt eine bewaffnete Drohne zum Ziel, die von einer Pilotin oder einem Piloten gelenkt wird – und zwar in einem Einsatzzentrum am Boden und mit Unterstützung einer weiteren Person, die permanent die Bilder der Drohne auswertet. Wenn die Drohne das Ziel dann gesichtet hat und es von den Vorgesetzen zum Abschuss freigegeben wurde, drückt die Pilotin oder der Pilot auf den Abzug. Das Einsatzzentrum befindet sich dabei oft in der nächstgelegenen Militärbasis, kann aber auch weiter weg liegen. Die USA zum Beispiel fliegen manche Angriffe im Nahen Osten von Nevada aus.
Welche Staaten nutzen bewaffnete Drohnen?
Laut der „New America Foundation“, einem amerikanischen Thinktank, besitzen momentan 37 Staaten bewaffnete Drohnen – eingesetzt haben sie jedoch bislang nur zwölf. Die meisten Angriffe haben die USA geflogen: etwa in Afghanistan und Pakistan, in Syrien oder im Jemen. Israel und Großbritannien haben ebenfalls mehrfach bewaffnete Drohnen eingesetzt. Im vergangenen Dezember hat auch Frankreich erstmals einen Drohnenangriff durchgeführt und dabei in Mali sieben mutmaßliche Dschihadisten getötet.
Werden Drohnen herkömmliche Streitkräfte bald überflüssig machen?
Nein, denn sie übernehmen lediglich spezifische Aufgaben. Dabei sind sie Teil eines breiteren Trends hin zu kleineren, spezialisierten und flexibel einsetzbaren Militäreinheiten. Allerdings haben sie einen entscheidenden Nachteil: Sie müssen verhältnismäßig tief und langsam fliegen. Für Staaten mit gut ausgebauter Luftabwehr sind sie somit keine große Bedrohung. Deshalb kommen sie bevorzugt in sogenannten „failed states“ zum Einsatz – also in Ländern, in denen etwa Warlords oder Milizen mit der Zentralregierung um Gebiete kämpfen.
Sind Drohnenangriffe völkerrechtlich legitimiert?
Darüber wird gestritten. Denn einige ihrer Ziele, etwa Terroristen oder Angehörige von Milizen, gelten im Völkerrecht bislang nicht als militärische Einheiten. Darum wurde vielfach kritisiert, man solle diese Personen vor Gericht stellen, anstatt sie ohne einen Gerichtsprozess zu töten. Auch haben Drohnenangriffe gegen Einzelpersonen in der Vergangenheit immer wieder die Souveränität von Staaten verletzt, weil sie auf deren Gebiet stattfanden. Und schließlich sind wohl mittlerweile auch einige tausend Zivilisten durch Drohnenangriffen ums Leben gekommen.
Drohnenkrieg: Film- und Diskussionsabend im Abaton-Kino
Der Abend beginnt um 19 Uhr mit dem Thriller „Eye in the Sky“ (2015). Darin jagen britische Agenten Terroristen in Kenia, unterstützt von US-amerikanischen Aufklärungsdrohnen. Als klar wird, dass die Terroristen kurz davor sind, einen großen Selbstmordanschlag zu begehen, stehen die Agenten plötzlich vor einer schweren Entscheidung: Sollen sie zusätzlich eine bewaffnete Drohne einsetzen, um die Terroristen zu stoppen – auch wenn dadurch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden?
Die Diskussionsrunde startet um 21 Uhr, mit den Expertinnen Johanna Polle vom IFSH und Dr. Ulrike Esther Franke vom European Council of Foreign Relations.
Ort und Zeit: 21. Januar, Abaton-Kino, Allende-Platz 3. Der Eintritt ist frei.