Anmeldung für neue Spielrunden beginnt am 23. OktoberVon Akrobatin bis Archivar – Norddeutschlands größter Rollenspiel-Treff
21. Oktober 2019, von Hendrik Tieke
An der Universität Hamburg trifft sich die Pen-and-Paper-Rollenspiel-Szene der Stadt – mit bis zu über 100 Spielerinnen und Spielern jede Woche. Bei dem Hobby geht es darum, gemeinsam eine Geschichte zu erzählen. Am 23. Oktober 2019 werden die neuen Runden für das Wintersemester zusammengestellt.
Emanuel Borges Völker ist ein charmanter Haudegen und ein guter Fechter. Mit einer illustren Schar von Abenteurern zieht er regelmäßig durch die Lande. Zusammen verdienen sie ihr Geld damit, Gesetzlose zur Strecke zu bringen, Diebstähle und Mordfälle aufzuklären oder magische Reliquien zu finden. Dabei gehen sie oft wie Detektive vor: Sie verfolgen Spuren, befragen Zeugen, dringen in fremde Grundstücke ein und müssen sich hin- und wieder auch einmal mit der Waffe verteidigen.
Im richtigen Leben ist Borger Völker kein streunender Schwertkämpfer aus einer Fantasy-Welt, sondern er studiert deutsche Sprache und Literatur an der Universität Hamburg. In seine abenteuerliche Rolle schlüpft er mittwochs abends in den Räumen der Universität Hamburg – bei Norddeutschlands größtem Treffen für Pen-and-Paper-Rollenspiele, organisiert von Studierenden und dem Rollenspiel-Verein „Die Loge e.V.“.
Wie ein Computerspiel – nur mit fast unbegrenzten Möglichkeiten
„Beim Pen-and-Paper Rollenspiel schlüpfen drei bis fünf Spieler in die Rolle eines Abenteurers oder einer Abenteurerin“, sagt Borges Völker. „Sie spielen die Hauptrolle in einer Geschichte, die sich ein Spielleiter oder eine Spielleiterin ausgedacht haben. Es ist ein bisschen so wie in einem Computer-Rollenspiel, nur, dass die Spielleiterin oder der Spielleiter die Rolle des Computers übernehmen: Sie oder er beschreibt, was die Spielercharaktere sehen und spielen selber die Personen, die diesen begegnen. Die Spieler wiederum treiben die Handlung voran, indem sie beschreiben, wie ihre Charaktere mit der Umwelt interagieren.“
Anders als bei einem Computerspiel, dessen Pfade vorprogrammiert sind, sind die Geschichten beim Pen-and-Paper Rollenspiel flexibel gestaltet. Grenzen setzen nur der Spielleiter oder die Spielleiterin – und die Würfel, mit denen hin und wieder über das Gelingen einer Aktion der Charaktere entschieden wird. Die Fähigkeiten eines Charakters sind nämlich in Form von bestimmten Würfelwerten auf einem Blatt Papier vermerkt – daher der Name der Spielgattung.
Durchtrainierte Zirkusakrobatin oder schriftgelehrter Archivar
„Wenn die Spielgruppe in der Geschichte vor einem reißenden Bergbach steht, wird eine durchtrainierte Zirkusakrobatin dort locker hinüberspringen können“, erklärt Borges Völker. „Einem unsportlichen Archivar-Charakter wird das eher nicht gelingen. Dafür ist er der richtige, wenn es darum geht, mystische Texte zu entziffern oder Informationen in einer Bibliothek zu finden.“
Um nun zu ermitteln, ob die Akrobatin und der Archivar es schaffen, über den Bach zu springen, würfeln die jeweiligen Spielerinnen oder Spieler mit sechs- bis zwanzigseitigen Würfeln. Das Ergebnis verrechnen sie auf eine bestimmte Weise mit dem Würfelwert, den die jeweiligen Charaktere in der Fähigkeit „Körperbeherrschung“ haben. Bei der Zirkusakrobatin liegt dieser natürlich Wert höher als beim Archivar. Bei unübersichtlicheren Szenen – etwa Verfolgungsjagden oder Kämpfen – kommen zusätzlich auch Miniatur-Figuren und selbstgebaute Spielpläne zum Einsatz.
Fantasy-Geschichten, Horror-Stories und Intrigen im Alten Rom
Ob es nun um Fantasy-Geschichten geht, Horror-Stories oder Intrigen im alten Rom – für jede denkbare Welt gibt es ein Pen-and-Paper Spielsystem. Und viele von diesen werden beim Rollenspieltreff an der Universität Hamburg genutzt. „Jeden Mittwoch haben wir zwischen acht und 15 Spielrunden“, sagt Borges Völker. „Manche spielen in einer düsteren Welt nach einem Atomkrieg, andere auf einem mittelalterlichen Kontinent, in der es Magier und Hexen gibt, wieder andere erkunden den Weltraum des 23. Jahrhunderts.“
Der Universität Hamburg ist er dankbar, dass sie die Räume kostenlos zur Verfügung stellt: „Das ist mit ein Grund dafür, dass die Szene in Hamburg so groß ist. Denn bei den heutigen Mietpreisen wäre ein solches Angebot privat wohl kaum zu verwirklichen.“
Farpoint Station
„Farpoint Station“ – unter diesem Namen treffen sich seit 20 Jahren Rollenspielbegeisterte am Campus Von-Melle-Park. Studierende organisieren den Treff zusammen mit dem Rollenspielverein „Die Loge e.V.“. In den meisten Spielrunden wird eine Geschichte gespielt – „Abenteuer“ genannt –, die über ein Semester lang dauert. Die Spielrunden finden immer abwechselnd alle 14 Tage statt. So hat jeder die Möglichkeit, im wöchentlichen Wechsel bei zwei Runden mitzumachen. Außerdem gibt es jede Woche mindestens eine sogenannte „One-Shot“-Runde. Die dort gespielten Abenteuer sind nach einem Abend durchgespielt. „Farpoint Station“ ist übrigens der Name einer Raumstation am Ende der bekannten Galaxis im Star-Trek-Universum.
Zusammenstellung der Spielrunden am 23. Oktober
Am 23. Oktober 2019 um 18 Uhr werden die Spielrunden für das kommende Semester im Anna-Siemsen Hörsaal, Von-Melle-Park 8, zusammengestellt. Dort werden auch die Spielräume für das Semester bekanntgegeben. In diesen wird dann jeden Mittwoch ab 18 Uhr bis Semesterende gespielt werden. Jeder ist herzlich willkommen. Wer nur Zeit für One-Shot-Runden findet, kann auch in späteren Wochen noch dazustoßen.