Wichtige Impulse für aktive TeilhabeInternationale Konferenz zur Gebärdensprach-Forschung an der Universität Hamburg
26. September 2019, von Anna Priebe
Foto: UHH/Wohlfahrt
Mehr als 450 taube und hörende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt nehmen vom 26. bis zum 28. September an der größten internationalen Konferenz für Gebärdensprachlinguistik teil, die an der Universität Hamburg stattfindet. Es wird unter anderem darum gehen, wie Gebärdensprachen entstehen und wie sie erlernt werden.
Mehr als 137 Gebärdensprachen gibt es weltweit, viele von ihnen haben unterschiedliche Dialekte. Sie bilden die kaum zu erfassende Basis der Gebärdensprachlinguistik. Auf der „Theoretical Issues in Sign Language Research 13“ (TISLR 13) werden die Forschungsergebnisse zu rund 100 dieser Gebärdensprachen vorgestellt – auch zu bisher kaum dokumentierten Gebärdensprache, etwa aus Tibet.
Prof. Dr. Annika Herrmann, Professorin für Gebärdensprachen und Gebärdensprachdolmetschen, und Prof. Dr. Barbara Hänel-Faulhaber, Professorin für Pädagogik bei Beeinträchtigung des Hörens/Gebärdensprache, organisieren in Kooperation mit Prof. Dr. Christian Rathmann von der HU Berlin und Prof. Dr. Markus Steinbach von der Georg Augst Universität Göttingen die TISLR 13 an der Universität Hamburg. „Bei der Tagung steht vor allem die sprach- und kulturwissenschaftliche Perspektive im Vordergrund: Welche grammatischen Markierungen lassen sich in Gebärdensprachen universell wiederfinden und welche sind spezifische Phänomene einzelner Gebärdensprachen“, erklärt Hänel-Faulhaber. Von besonderem Interesse sei auch, wie Gebärdensprachen im Gehirn verarbeitet würden.
Vorreiter in der Erforschung der Deutschen Gebärdensprache
Die Universität Hamburg ist als Tagungsort prädestiniert: Das Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser (IDGS) wurde 1987 als bundesweit erstes Zentrum für Deutsche Gebärdensprache gegründet. Heute arbeiten drei universitäre Bereiche im engen interdisziplinären Austausch zusammen: das Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser, die Pädagogik bei Beeinträchtigung des Hörens sowie die Biologische Psychologie und Neuropsychologie. „Es geht zum einen um die vollständige Erfassung der Deutschen Gebärdensprache mit ihrer sozilinguistischen Vielfalt und zum anderen um spezifische grammatische Analysen der Deutschen Gebärdensprache“, so Herrmann.
Die Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis ist ein Anliegen der Konferenz. „Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Gebärdensprachen bewirkt, dass die Sprache in ihrem Potenzial überhaupt erst erkannt wird“, erläutert Hänel-Faulhaber. Es seien wichtige Impulse zu erwarten, um tauben Menschen im Alltag, in der Ausbildung und auch im Studium äquivalente Bildungschancen und eine aktive Teilhabe ermöglichen zu können. Ein neues wissenschaftliches Format der Konferenz ist dabei SIGNopsis – ein Forum, auf dem Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse im Rahmen von Videokurzbeiträgen präsentieren.
Durchgängig barrierefreie Konferenz
Inklusion ist auch ein wichtiges Stichwort für die Konferenz: Die TISLR 13 wird eine der ersten Konferenzen an der Universität Hamburg, die durchgängig eine barrierefreie Kommunikation biete. „Die offiziellen Konferenzsprachen sind Deutsche Gebärdensprache, Amerikanische Gebärdensprache, Internationale Gebärden und Englisch“, berichtet Herrmann. Dank der Unterstützung durch das Integrationsamt Hamburg, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Universität würden diese Sprachen allen Teilnehmenden über eine spezielle Technikausstattung zugänglich gemacht. Auch Alarmsignale im Brand- oder Notfall werden visuell übertragen.
TISLR 13
Als Gäste der Konferenz, die von den Gebärdensprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Universität Hamburg gemeinsam mit der Georg-August-Universität Göttingen und der Humboldt-Universität zu Berlin veranstaltet wird, werden unter anderem Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin der Freien und Hansestadt Hamburg, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Weltverbandes der Gehörlosen, des Weltverbandes der Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher (WASLI), der internationalen Gesellschaft der Gebärdensprachlinguistik (SLLS), des Deutschen Gehörlosen-Bundes und des Gehörlosenverbandes Hamburg und Umland erwartet. Weitere Informationen gibt es auf der Tagungswebseite.