Interview mit Taekwondo-Sportler Steven Behn„Das Olympiafeeling ist beeindruckend“
2. Juli 2019, von Tim Schreiber

Foto: BPT
Mit rund 8.000 Teilnehmenden aus mehr als 150 Nationen ist die Sommer-Universiade die größte Multisportveranstaltung nach den Olympischen Spielen. Steven Behn studiert Psychologie an der Universität Hamburg und freut sich schon darauf, sich ab dem 3. Juli in Neapel mit den besten Studenten im Taekwondo zu messen und die einzigartige Stimmung zu genießen. Wir haben wenige Tage vor dem Abflug mit ihm gesprochen.
Herr Behn, haben Sie Ihren Koffer schon für Italien gepackt?
Ich möchte die ganze Ausstattung noch frisch waschen, deshalb ist der Koffer noch nicht gepackt. Wir kriegen ja neben den Wettkampfsachen, die wir immer auf den großen Turnieren tragen, auch Jacken, Hosen und so weiter für offizielle Anlässe und die Eröffnungsfeier. Die Vorfreude ist aber auf jeden Fall schon riesig.
Sie waren vor zwei Jahren schon bei der Universiade in Taiwan dabei. Was ist das Besondere daran?
Ich hab mit Leuten gesprochen, die auch schon bei Olympia waren, und die meinten, dass die Universiade sehr ähnlich ist. Halt nur für Studenten und mit viel weniger Aufmerksamkeit durch die Medien. Taiwan vor zwei Jahren war eine unglaubliche Erfahrung. Das Olympiafeeling ist beeindruckend. Das Besondere ist für mich der Austausch mit anderen Sportlerinnen und Sportlern. Da sitzt man dann in der Mensa zusammen mit Volleyballern, Basketballern oder Leichtathleten. Und weil das alles auch Studenten sind, ticken die natürlich auch ähnlich wie man selbst. Das haben wir bei Weltmeisterschaften ja zum Beispiel nicht.
Sie sind aber auch sonst viel unterwegs durch Ihren Sport – und das sehr erfolgreich ...
Ja, ich konnte durch den Sport schon ein bisschen was sehen von der Welt und das empfinde ich als ein Riesenglück. Ich war schon bei den Weltmeisterschaften in Peru und hab dort Bronze gewonnen. 2015 in Serbien und 2017 auf Rhodos bin ich jeweils Europameister geworden. 2018 war ich in Taiwan und hab bei der WM Bronze gewonnen. Und im Mai war ich in der Türkei und hab bei der EM zwei Mal Bronze gewonnen.
Wie lange machen Sie schon Taekwondo?
Aktiv seit ich sieben Jahre alt bin, also seit 2002. Im Nationalteam bin ich seit 2015. Weil mein Vater Taekwondo-Trainer ist, bin ich aber quasi schon von Geburt an immer in der Sportschule mit dabei gewesen und gehöre da zum Inventar. Es war immer klar, dass ich mit Taekwondo anfange.

Dann haben Sie aber wohl mindestens den schwarzen Gürtel, oder?
Ja, den habe ich. Darüber hinaus gibt es dann die Meistergrade und da habe in den zweiten Dan. Das ist okay, aber wenn ich alle in der Zeit möglichen Prüfungen gemacht hätte, könnte ich theoretisch schon im vierten Dan sein. Aber ich habe ein paar Prüfungen ausgelassen, weil dann Turniere oder andere Sachen waren. Für die weiteren Prüfungen bleibt mir ja auch noch viel Zeit.
Was macht für Sie den Reiz des Sports aus?
Für mich ist die Philosophie dahinter sehr wichtig: Es geht viel um Persönlichkeitsentwicklung und um Werte wie Selbstdisziplin, Höflichkeit, Toleranz, Bescheidenheit und Respekt. Jeder ist gleich und man kann von jedem und immer lernen. Diese Werte begleiten mich schon mein ganzes Leben. Auf der sportlichen Ebene reizen mich die Dynamik und die Vielseitigkeit und es ist natürlich ein sehr spektakulärer Sport.
Sie treten in Neapel aber nicht im Zweikampf, sondern im sogenannten Poomsae an. Was ist das?
Das ist der Formenwettbewerb. Wir machen dabei ohne Gegner vorher festgelegte Bewegungsabläufe. Beim Teamwettbewerb in Neapel sind wir zu dritt und machen unsere Performance synchron. Es gibt insgesamt 17 traditionelle festgelegte Formen, die man auch nicht ändern kann. Bei der Universiade gibt es daneben noch den Freestyle-Bereich, bei dem wir uns selbst etwas ausdenken können. Insgesamt geht es um die verschiedenen Tritttechniken und den simulierten Zweikampf – und am Ende gibt es noch einen akrobatischen Teil, bei dem wir Saltos und Schrauben machen.
Wie oft trainieren Sie?
Vor einem großen Turnier versuche ich zwei Einheiten am Tag hinzubekommen. Gerade mache ich neben dem Studium noch ein Praktikum bei der Lufthansa Technik, da ist alles ein bisschen schwieriger unter einen Hut zu bringen. Am meisten mache ich am Wochenende. Wenn ich nicht selbst trainiere, dann gebe ich aber auch noch Training.
Wie schaffen Sie es, bei so einem „Leben im Dojo“ Ihr Psychologie-Studium nicht zu kurz kommen zu lassen?
Ich bin jetzt im achten Semester und mache gerade meinen Bachelor fertig. Ich hätte auch im siebten Semester fertig werden können, mache aber gerade noch das Praktikum. Das Gute ist, dass ich meine Kurse sehr bewusst legen kann. In Klausurenphasen musste ich mich immer ein bisschen durchbeißen. Aber alle Dozenten und Professoren waren bis jetzt immer sehr kooperativ und wenn die Zeitpläne mal eng waren, haben mich alle zu 100 Prozent unterstützt. Wenn ich den Bachelor habe, möchte ich auf jeden Fall meinen Master machen, am liebsten auch in Hamburg.
Die Sommer-Universiade
Laut Allgemeinem Deutschen Hochschulsportverband (adh) vertreten rund 130 studentische Spitzensportlerinnen und -sportler die deutschen Farben bei der 30. Sommer-Universiade in Neapel. Insgesamt sind es 8000 Teilnehmende aus mehr als 150 Ländern. Die Universiade wird seit 1959 alle zwei Jahre ausgetragen. Zu den festen Sportarten gehört Leichtathletik, Basketball, Fechten, Fußball, Geräteturnen, Rhythmische Sportgymnastik, Schwimmen, Wasserspringen, Wasserball, Tennis, Tischtennis, Judo, und Volleyball. Taekwondo gehört seit 2017 zum Programm, in diesem Jahr kommt Bogenschießen mit dazu. Von einigen Sportarten berichtet der TV-Sender Eurosport live.