Von Wölfen und MenschenStudierende gestalten Ausstellung mit
23. April 2019, von Anna Priebe
Ängste und Sehnsüchte des Menschen – kaum ein Tier vereint sie so in sich wie der Wolf. Die besondere Beziehung beleuchtet eine neue Ausstellung im Museum am Rothenbaum (MARKK). Studierende der Kulturanthropologie der Universität Hamburg haben sie durch Filmbeiträge mitgestaltet.
Die Wölfe sind zurück in Deutschland. Was Tierfreunde freut, ist für Landwirte – insbesondere für Betriebe mit Schafen – ein Graus. Die Ausstellung „Von Wölfen und Menschen“ untersucht diese ambivalente Beziehung und schaut dabei nicht nur auf die aktuelle Situation, sondern auch auf die Vergangenheit.
Umstrittene Fragen in Ausstellungen aufgreifen
Unterstützt wurden die Kuratorinnen und Kuratoren dabei von Bachelorstudierenden der Volkskunde/Kulturanthropologie, die im vergangenen Wintersemester in Teams Filme erarbeitet haben. Diese sind nun in der Ausstellung zu sehen. „Als das Museum mich gefragt hat, ob das ein Thema für mich und meinen Arbeitsbereich wäre, habe ich sofort zugesagt“, sagt Prof. Dr. Kerstin Poehls, die das Seminar anbot. „Ich interessiere mich schon seit langem für die Frage, wie gesellschaftlich umstrittene Fragen in Museen und Ausstellungen verhandelt werden und wie ethnographisches Wissen jenseits von Objekten dort ihren zeitgemäßen Platz finden kann.“
Den Zugang über Kurzfilme hatte sie bereits in vorherigen Seminaren erprobt. Im Seminar entwickelten die Studierenden in Kleingruppen Konzepte für Beiträge rund um das Thema Wolf, Mensch und die Beziehung der beiden. Sie mussten ein Thema und eine Fragestellung finden, Protagonistinnen und Protagonisten recherchieren und den ganzen Dreh durchführen. „Ein ziemlich umfangreiches Vorhaben, das ohne den Feuereifer und die Ideen der Studierenden nicht umsetzbar gewesen wäre“, so Poehls.
Nicht nur offensichtliche Akteurinnen und Akteure darstellen
Die Ergebnisse sind vielfältig. Die Studierenden haben unter anderem mit Menschen gesprochen, deren Körper zahlreiche Wolfs-Tätowierungen schmücken sowie mit Vertreterinnen und Vertretern aus Jagd und Schafzucht. Zudem kommen eine Schriftstellerin, ein Erzieher aus einem Waldkindergarten, Expertinnen aus dem Wildpark Eekholt sowie aus einer Hundeschule zu Wort.
Manuel Bolz ist einer der Studierenden. Gemeinsam mit seiner Kommilitonin Sandra Heßel hat er sich die Frage gestellt, was „Wolfsgefühl“ heißt; die beiden haben dafür Ute Kröger besucht, die Leiterin der Wildparkschule im Wildpark Eekholt bei Neumünster. „Wir fanden es interessant, Akteure zu zeigen, die im Zusammenhang mit Wölfen nicht so sichtbar sind wie Jäger oder Hirten“, erklärt Bolz. Für den Film lassen sich die Studierenden erklären, wie Kröger mit Wolfspräparaten arbeitet und wie sie diese für ihre Bildungsangebote nutzt.
Kralle zeigen oder nicht?
In dem fünfminütigen Film zeigen sie zum Beispiel, was eine gute Wolfspräparation ausmacht: Die Ausrichtung der Augen und eine natürliche, authentische Körperhaltung sind einige der Qualitätsmerkmale. „Auch ob das Maul geöffnet oder geschlossen ist, die Reißzähne zu sehen sind oder nicht, die Krallen sichtbar sind oder nicht, macht einen großen Teil der Wahrnehmung aus“, so Bolz. In der Ausstellung in Hamburg ist eines der Präparate aus Eekholt zu sehen – im Vergleich mit einer alten Präparation. Die Besucherinnen und Besucher können so, laut Bolz, die Unterschiede direkt vor Ort sehen: „Das ältere Stück war früher mit Stroh ausgestopft und wurde mehrfach überarbeitet. Es handelte sich um ein verletztes Tier und die Verletzung sollte durch die Präparation verdeckt werden, weshalb der Wolf ziemlich schief aussieht.“
Die Filme der Studierenden werden so Teil der breit angelegten Ausstellung, in der die Human-Animal-Studies – die die Beziehung von Mensch und Wolf unter anderem aus soziologischer, psychologischer und philosophischer Sicht betrachten – genauso Platz haben wie Märchenbücher und Werbespots. Auch andere Kulturen werden in den Fokus gerückt, etwa die Wolfsmasken der Nuu-chah-Nulth, eines nordamerikanischen Indianerstammes.
Auch Bolz und seine Kommilitoninnen und Kommilitonen haben bei der Gestaltung der Ausstellung viel gelernt: „Ich glaube, wir hätten alle nicht gedacht, dass das Thema ‚Wolf‘ so vielschichtig ist. Durch die Medien sieht man meist nur die eine Seite vom Wolf, nämlich dass er der Böse ist, der Menschen schadet. Wir haben gelernt, wie komplex die Beziehung zum Menschen eigentlich ist.“
Von Wölfen und Menschen
Die Ausstellung im Museum am Rothenbaum (Rothenbaumchaussee 64) läuft noch bis zum 13. Oktober und ist Di bis So 10–18 Uhr sowie Do bis 21 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet 8,50 € (ermäßigt 4,50 €). Achtung: Alle Wolfgangs, Lupitas, Wolframs, Wolfdieters sowie Familien Wolf, Wulf und anderweitige Wolf-Namensvettern kommen ermäßigt in die Ausstellung!