Studentin zwischen Vollzeitjob und VorstandstätigkeitIm Interview: Melina Kregel studiert nebenberuflich an der Uni Hamburg und ist gleichzeitig im Vorstand der Pflegekammer Niedersachsen
22. Oktober 2018, von Janine Fricke
Foto: Pflegekammer Niedersachsen
Neben dem allgemeinen Studienangebot bietet die Universität Hamburg mit dem Zentrum für Weiterbildung (ZFW) auch Weiterbildungs-Studiengänge für Berufstätige an. 194 Teilnehmende durchlaufen derzeit einen berufsbegleitenden Master-Studiengang über das ZFW. Eine von ihnen ist Melina Kregel (27). Die Gesundheits- und Krankenpflegerin studiert „Gesundheitsmanagement MBA“ (Master of Business Administration) – begleitend zu ihrem Beruf als Stationsleiterin in der Lungenklinik des Agaplesion Diakonieklinikums Rotenburg. Nun wurde sie zudem als Vorstandsmitglied in die Pflegekammer Niedersachsen gewählt.
Sie wurden im Juni 2018 in die Kammerversammlung gewählt, das höchste Organ der neu gegründeten Pflegekammer Niedersachsen. In der konstituierenden Sitzung am 8. August 2018 wurden Sie zudem in den Vorstand gewählt. Waren Sie von diesem Ergebnis überrascht?
An der Wahl zur Kammerversammlung haben sich mehr als 14.000 Pflegefachkräfte beteiligt, da hatte ich mir nicht so große Chancen ausgemalt. Umso überraschter war ich, als ich erfahren habe, dass ich gewählt worden bin. Die Wahl in den Vorstand hingegen war für mich umso spannender, da mehrere Wahldurchgänge erforderlich waren. Umso mehr freut es mich, dass es geklappt hat.
Neben Ihrem Engagement in der Pflegekammer arbeiten Sie in Vollzeit als Stationsleiterin in der Lungenklinik und absolvieren berufsbegleitend den Weiterbildungs-Studiengang Gesundheitsmanagement MBA an der Universität Hamburg. Wie lässt sich das vereinbaren?
Der Zeitpunkt der Vorstandswahl war günstig, weil ich den 18-monatigen Präsenzteil meines Studiums nur wenige Tage nach der Wahl abschließen konnte. Dadurch habe ich jetzt Zeit, mich den ehrenamtlichen Vorstandsaufgaben zu widmen; sonst wäre das gar nicht möglich gewesen. In den nächsten zwölf Monaten muss ich allerdings noch meine Masterarbeit schreiben. Das ist dann eine Frage der Organisation.
Haben Sie schon ein Thema?
Interessant wäre für mich der Gesetzesentwurf zu Personaluntergrenzen in Krankenhäusern. Es ist aber schwierig, an die Daten der Kliniken zu kommen. Da stecke ich noch in den Verhandlungen.
Welche Aufgaben werden Sie in Ihrem neuen Amt übernehmen?
Jedes Vorstandsmitglied kümmert sich um einen bestimmten Ausschuss. Ich werde den Ausschuss ‚Pflege- und gesundheitspolitische Angelegenheiten‘ betreuen. Daneben wird es noch die Ausschüsse ‚Weiterbildung‘, ‚Berufsordnung‘, ‚Finanzen‘, ‚Schlichtung‘ und ‚Qualität‘ geben.
Was möchten Sie in der Pflege- und Gesundheitspolitik bewegen?
Unser größtes Ziel ist es vorerst, eine Berufsordnung für die Pflege zu schaffen. Wir wollen erreichen, dass die Aufgaben der Pflegefachpersonen klar definiert werden. Für die Essensverteilung benötigt man zum Beispiel kein examiniertes Pflegepersonal. Außerdem sind Pflegekräfte häufig die ersten Ansprechpartner für Patienten und Angehörige in den verschiedensten Belangen, zum Beispiel bei einem defekten Fernseher. Die Zeit, in der die Pflegekraft sich allerdings um organisatorische Aufgaben wie die Beauftragung eines Technikers kümmert, fehlt dann für die tatsächliche Pflege. Es geht um Grundsatzfragen der Pflege- und Gesundheitspolitik. Über das Pflegeberuferegister werden wir in absehbarer Zeit erstmals verlässliche Angaben über die tatsächliche Zahl von Pflegefachpersonen in Niedersachsen, ihre Qualifikationen oder ihre Altersstruktur machen können. Das sind wertvolle Daten für die Weiterentwicklung des Pflegeberufs. Es ist ein Spagat zwischen den Interessen der Kammermitglieder und den Interessen der Allgemeinheit im Sinne der Sicherstellung einer hochprofessionellen Pflege.
Von der Gründung der Pflegekammer wünsche ich mir, dass die Pflege zukünftig mit einer Stimme spricht und mit dieser Stimme die Chance hat, sich in Politik und Gesellschaft zu positionieren. Wir wollen mitreden und nicht zusehen, wie über unsere Köpfe hinweg entschieden wird.
Inwiefern profitieren Sie mit Blick auf Ihre Leitungsposition in der Lungenklinik und Ihren neuen Aufgaben in der Pflegekammer von Ihrem Weiterbildungsstudiengang?
Ich habe ein besseres Verständnis für betriebswirtschaftliche Sichtweisen, was für meine Leitungsposition im Klinikum natürlich von Vorteil ist und die Kommunikation mit der Verwaltung einfacher macht.
Für die Arbeit in der Pflegekammer profitiere ich insbesondere von den verschiedenen Sichtweisen aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen. Ich war die einzige Pflegefachkraft im Weiterbildungsstudiengang. Daneben gab es Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, Apotheker, Mitarbeiter in Krankenkassen, Vertriebler für Medizinprodukte, eine Physiotherapeutin, eine Bankkauffrau und einen Qualitätsmanager. Der Austausch untereinander sorgt für ein besseres Verständnis und ermöglicht eine Kommunikation auf Augenhöhe. Das kann einem kein Lehrbuch der Welt bieten. Darüber hinaus hat sich dadurch für mich ein neues Netzwerk ergeben, das ich nutzen kann, um mir nötige Informationen relativ neutral einzuholen.
Würden Sie Freunden einen Weiterbildungsstudiengang an der Universität Hamburg empfehlen?
Das kommt ganz darauf an, wer vor mir steht (lacht). Man muss schon der Typ dafür sein und den erforderlichen Ehrgeiz mitbringen, besonders wenn man es berufsbegleitend bei einer Vollzeitbeschäftigung durchziehen möchte. Für mich kam – wie auch bei meinem Bachelor-Studium – nur ein berufsbegleitendes Studium infrage, weil ich meinen Job im Krankenhaus nicht aufgeben und außerdem finanziell unabhängig sein wollte. Für mich war es daher auf jeden Fall die richtige Entscheidung.
Melina Kregel – Werdegang
Nach ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin im Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg war Melina Kregel von 2011 bis 2014 zunächst als Pflegekraft in der Notaufnahme des Klinikums tätig. Von 2014 bis 2016 absolvierte sie berufsbegleitend an der Hochschule Hannover den Bachelor-Studiengang Pflege mit dem Schwerpunkt „Organisation und Management“. Schon während des Studiums übernahm sie 2015 im Klinikum eine leitende Position im zentralen Belegungsmanagement. Seit 2016 arbeitet Kregel als Stationsleiterin in der Lungenklinik des Agaplesion Diakonieklinikums Rotenburg; ein Jahr später begann sie berufsbegleitend den MBA-Studiengang Gesundheitsmanagement, den sie über das ZFW an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg absolviert. Im August 2018 wurde Frau Kregel in den Vorstand der Pflegekammer Niedersachsen gewählt, in der sie den Ausschuss „Pflege- und gesundheitspolitische Angelegenheiten“ betreuen wird.
Weiterbildung am Zentrum für Weiterbildung der Universität Hamburg
Als zentrale Einrichtung der Universität Hamburg entwickelt das Zentrum für Weiterbildung in Zusammenarbeit mit den Fakultäten und Fachbereichen, Partnerhochschulen, Fachverbänden und Unternehmen zahlreiche Weiterbildungsangebote. Neben öffentlichen Vorlesungen für alle Bürgerinnen und Bürger, dem Kontaktstudium für ältere Erwachsene sowie maßgeschneiderten Seminaren und E-Learning-Konzepten für Unternehmen, bietet das ZFW für Berufstätige derzeit drei berufsbegleitende Master-Studiengänge und 29 Zertifikatsprogramme.