Lehrlabor Lehrerbildung:Erfolgreiche Kombination von Fachdidaktik und Fachwissenschaften
3. Januar 2018, von Anna Priebe
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Lehrerinnen und Lehrer sehen sich im Unterricht immer neuen Herausforderungen gegenüber. Das hat auch Auswirkungen auf die Ausbildung an der Universität. Im „Lehrlabor Lehrerbildung“ wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Reiner Lehberger in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Veranstaltungsformate entwickelt, in denen im Lehramtsstudium Fachwissenschaft und Fachdidaktik zusammengebracht wurden, die in Hamburg – anders als an anderen Universitäten – in unterschiedlichen Fakultäten angesiedelt sind.
Stereotype oder interkulturelle Missverständnisse zum Beispiel sind Themen, mit denen Schülerinnen und Schüler genauso konfrontiert sind wie Lehrkräfte. Wie also damit im Unterricht umgehen? Im dem Projekt „Didaktik der romanischen Sprachen“ von Prof. Dr. Sílvia Melo Pfeifer und Prof. Dr. Martin Neumann geschieht das durch die gezielte Einbindung von thematisch passender Literatur in den Französischunterricht. Das Ziel ihres Seminars sei es ganz generell, „den Einsatz von literarischen Texten im Französischunterricht zu fördern“, so Melo Pfeifer, „denn Literatur findet leider noch zu wenig Platz im Unterricht.“
Im Seminar wurde daher zum Beispiel das Werk „Une anné chez les Français“ von Fouad Laroui analysiert. „Die Studierenden haben die Gelegenheit, über Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz sowie deren Verarbeitung in literarischen Texten zu reflektieren und diese Themen dann bewusst und gewinnbringend im Unterricht einzubinden“, fasst Neumann den Ansatz zusammen. Dabei setzten Melo Pfeifer und Neumann durchgängig auf das sogenannte „Team-Teaching“, das heißt, alle Lehramtsstudierenden lernten sowohl bei der Fachdidaktikerin als auch bei dem Fachwissenschaftler, die die Seminare auch gemeinsam vorbereiteten.
Zweifelsfälle zum Lernen nutzen
Dieses Konzept verfolgte auch Prof. Dr. Astrid Müller, Professorin für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, die gemeinsam mit Prof. Dr. Renata Szczepaniak, Professorin für Linguistik des Deutschen, insgesamt drei kooperative Lehrveranstaltungen anbot, bei denen es u. a. um grammatische Zweifelsfälle im Deutschunterricht ging. „Sprache befindet sich in einem ständigen Wandel, sodass es immer wieder gleichrangige sprachliche Varianten gibt, zum Beispiel „wegen dem Regen“ und „wegen des Regens“ oder „der Krake“ und „die Krake“, erklärt Müller. Im Mittelpunkt des Seminars habe daher die Erkundung dieser grammatischen Zweifelsfälle in ihrem Verhältnis zum Sprachsystem und Sprachgebrauch gestanden. „Zudem haben wir Zweifeln als Ressource zum aktiven Lernen betrachtet und das didaktische Potenzial des entdeckenden und forschenden Lernens erprobt“, so Müller.
Digitalisierung in den Geowissenschaften
Um fachübergreifende Erprobung ging es beim Seminar „Geographische Informationssysteme zur Vermittlung digitaler Bildung im Kontext der Geographie“ von Prof. Dr. Maria Knobelsdorf, Prof. Dr. Sandra Sprenger und Dipl. Geograph Jonathan Otto. In diesem interdisziplinären Angebot aus den Naturwissenschaften lernten die Lehramtsstudierenden, ein geografisches Informationssystem nicht nur selber zu nutzen, sondern auch im Unterricht einzusetzen. Das passierte am Beispiel des Themas Klimawandel. „Wir möchten den Studierenden ein Lehrangebot machen, das sie auf die Digitalisierung ihrer Fachdisziplin besser vorbereitet und ihnen neue Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung aufzeigt“, sagt Knobelsdorf.
Positive Evaluation
Die gemeinsamen Angebote stoßen bei der Zielgruppe auf positive Resonanz. „Unsere Evaluationen zeigen, dass 93% der befragten Studierenden zustimmen, dass eine engere Verzahnung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik zur Verbesserung des Lehramtsstudiums beiträgt“, fasst Projektleiter Prof. Dr. Reiner Lehberger die Akzeptanz des Angebots zusammen und ergänzt: „Mehr als 94% der Lehrenden sehen das übrigens genauso.“ Insbesondere die Veranstaltungen, die im Team-Teaching durchgeführt wurden, seien besonders erfolgreich evaluiert worden. Ein Studierender bemerkte in der Evaluation: „Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum es bisher keine Pflichtveranstaltungen dieser Art gibt ‒ schließlich studieren wir nicht Germanistik und werden dann so nebenbei Lehrer, sondern wir wollen Deutschlehrer werden.“
Fortführung im ProfaLe-Projekt „Lehrlabor Lehrerprofessionalisierung“
Viele der Kooperationen, die im Projekt „Lehrlabor Lehrerbildung“ entstanden sind, werden zukünftig an der Universität Hamburg im „Lehrlabor Lehrerprofessionalisierung“ fortgeführt, das ein Ergänzungsprojekt zu dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt „ProfaLe“ ist. Auch neue Anträge für kooperative Angebote sind hier möglich.
Das Projekt „Lehrlabor Lehrerbildung“ selbst endet zum 31.12.2017. Es entstand im Rahmen der „Lehrer-Initiative“ des Stifterverbands und der Heinz Nixdorf Stiftung und lief seit 2013. Die Universität Hamburg konnte sich damals zusammen unter 25 Bewerbern durchsetzen. Zwischen 2013 und 2017 entstanden insgesamt 70 kooperative Lehrveranstaltungen in 15 Fächern der Lehramtsausbildung. Mehr als 1.800 Studierende haben teilgenommen. Eine Auswahl der Projekte dokumentiert der Band „Kooperationen in der Lehrerbildung“, herausgegeben von Reiner Lehberger (BoD, 2018).