Immatrikulationsfeier 2017 oder: Die Frage nach dem Sinn des Lebens
12. Oktober 2017, von Anna Priebe
Der Schritt an die Universität ist ein großer. Also geht man ihn am besten gemeinsam – mit Eltern, Freunden und neuen Weggefährtinnen und -gefährten. Rund 1400 Erstsemesterstudierende und ihre Familien kamen daher gestern zur offiziellen Immatrikulationsfeier 2017 im Audimax.
Im festlich geschmückten Hörsaal wurden die Gäste Zeuginnen und Zeugen eines seltenen naturwissenschaftlichen Experiments. Dazu nutzte Universitätspräsident Prof. Dr. Dieter Lenzen, der in seiner Begrüßungsrede nach dem Sinn des Lebens fragte, ein Weckglas, das – zu Anfang noch leer – das Leben der Studierenden symbolisierte. Er rief die „Ersties“ dazu auf, das Studium zu nutzen, um dieses Glas zu füllen: „Sie müssen Sinn stiften, und wir helfen Ihnen dabei.“ Er machte aber auch deutlich, dass Sinn nicht nur gefunden, sondern auch bewahrt und vor allem geteilt werden müsse. Als Beispiele aus der Wissenschaft nannte er unter anderem den Sonderforschungsbereich Manuskriptkulturen, der alte Kulturen und Überlieferungen erforsche, vor dem Vergessen bewahre und die Erkenntnisse weitergebe. „Machen Sie Ihr Leben größer, damit mehr Sinn reinpasst, den Sie teilen können“, riet Prof. Lenzen den neuen Studierenden – und verband das mit den besten Wünschen für ihr Studium.
Im weiteren Verlauf des Programms wurde es dann bunt, beschwingt, aber auch bewusst aktuell und politisch. Es gab …
… ein Glas voller Erinnerungen und Mut
Moderator, Journalist und UHH-Alumnus Michel Abdollahi erinnerte sich als Gastredner an seine eigene Zeit an der Universität Hamburg. Charmant und sehr ehrlich berichtete er von seinen Zweifeln während seines Jurastudiums und seiner Begeisterung für sein Zweitstudium der Islamwissenschaften. Er empfahl den Studierenden, zu experimentieren und betonte: „Scheitern ist nichts Schlimmes.“ Die Erstsemesterstudierenden sollten bei Zweifeln den Mut haben, das Fach zu wechseln – und vor allem die Eltern seien gefragt, ihre Kinder „zu animieren, [nach Misserfolgen] ein weiteres Mal aufzustehen“. Vor allem rief er die neuen Universitätsmitglieder auf, für die Universität einzutreten und sie nach vorne zu bringen: „Das ist auch die Pflicht der Ersties.“
… ein Glas voller Relevanz
Abdollahi, der sich seit langem für Integration und im Kampf gegen Vorurteile einsetzt, betonte zudem, wie wichtig es sei, sich als Studierende aktiv an der Gesellschaft zu beteiligen: „Habt den Mut, euch im politischen Diskurs einzubringen. Wenn es die Akademiker nicht tun, können es nicht viele andere machen“, appellierte er an die Anwesenden.
Wie wichtig dieser Einsatz angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland und weltweit ist, zeigten auch zwei andere Programmpunkte, darunter eine von Studierenden vorbereitete szenische Lesung eines Kommentars des Schriftstellers Kurt Tucholsky, der 1931 die ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen angeprangert hatte. Die Initiative verband damit den Aufruf, sich gemeinsam zu engagieren. Das verdeutlichte auch Franziska Hildebrandt, die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), die in ihrer Rede an die Studierendenproteste 1967 im Audimax und das Entrollen des bekannten Plakates „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“ erinnerte.
… ein Glas voller Engagement
Für ihr Engagement ausgezeichnet wurde Sinem Seday Ory. Sie studiert im Master auf Lehramt für Gymnasien und erhielt bei der Immatrikulationsfeier den Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) 2017. Laudatorin Dr. Sarah McMonagle vom Arbeitsbereich „Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft“ betonte nicht nur Orys hervorragende fachliche Leistungen, sondern auch ihren Einsatz für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in einer Hamburger Stadtteilschule. Universitätspräsident Prof. Lenzen gratulierte Ory und betonte dabei die Bedeutung von internationaler Zusammenarbeit – insbesondere auch angesichts politischer Krisen wie mit der Türkei, Orys Heimatland.
… ein Glas voller Unterhaltung
Durch den Abend führte Katrin Greve, Leiterin der Stabsstelle Universitätsjubiläum. Klug und mit viel Witz befragte sie zum Beispiel gemeinsam mit Prof. Lenzen die anwesenden „Ersties“, wobei die Gäste erfuhren, dass gleich zwei Studierende von der Insel Borkum nun ihr Studium an der Universität Hamburg beginnen. Acht Studentinnen und Studenten bekamen zudem – stellvertretend für alle Fakultäten – Immatrikulationsurkunden überreicht. Begleitet von den Klängen der Bigband der Universität Hamburg, die für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgte, ging es nach knapp zwei Stunden ins Foyer des Audimax, wo sich die neuen Studierenden bei dem einen oder anderen Getränk näher kennenlernen konnten.