So schön kann Forschung sein!
Heute: Im Exzellenzcluster Understanding Written Artefacts.
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Foto: UHH/Kroeninger
Vorsichtig bereitet Ivan Shevchuk das Manuskript für die Multispektralaufnahme vor. Es ist üblich, die Originale mit bloßen, sauberen Händen zu handhaben und auf Handschuhe zu verzichten. Ein Vorteil ist hier, dass das Fragment aus Pergament sehr flach und stabil ist und daher nicht extra fixiert werden muss. Die Schutzbrille schützt die Netzhaut des Forschers gegen ultraviolettes Licht, das bei der Multispektralaufnahme verwendet wird.
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Neben dem Fragment sind weiße und schwarze Reflektanz-Referenzen platziert, sogenanntes Spectralon. Das ist wichtig für die spätere Kalibrierung der Bilder während der Datenauswertung. Die Farbtafel – der„ColorChecker“ – ist essentiell für die Berechnung des aus vielen Einzelaufnahmen generierten Farbbilds.
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Im Exzellenzcluster Understanding Written Artefacts wird ein tausend Jahre altes Manuskript für eine Multispektralaufnahme vorbereitet. Solche Aufnahmen mit verschiedenen Wellenlängen können beispielsweise mit dem Auge nicht sichtbare Schrift hervorheben oder erlauben Rückschlüsse auf die verwendeten Farbpigmente.
Über die Herkunft des Manuskripts ist nicht viel bekannt. Es handelt sich um ein Fragment einer Messehandschrift, die um das Jahr 1000 n. Chr. in Bamberg erstellt wurde. Es beinhaltet Teile von Messen zum zweiten Weihnachtstag und zu Neujahr. Das Fragment war zusammen mit anderen Pergamentblättern verleimt worden und diente lange als Verstärkung in einer Buchbindung. Spuren des Leims zeichnen sich als dunklere Bereiche ab. Die um 90° gedrehte Schrift stammt von einem anderen Blatt.
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Die vorher eingestellte Aufnahmesequenz von mehr als 20 Einzelaufnahmen beginnt im sichtbaren Bereich. Eine der ersten Wellenlängen, mit der das Fragment beleuchtet wird, liegt bei 450 Nanometern – das entspricht der Farbe Blau.
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Entlang der zuvor einprogrammierten Anweisungen folgt eine weitere kurze Belichtungszeit von einer halben Sekunde bei 530 Nanometern. Dabei erscheint der Raum grün. Und so geht es weiter, Wellenlänge für Wellenlänge werden die entsprechenden LEDs aktiviert und werfen ihr Licht auf das Fragment. Im sichtbaren Bereich des Spektrums interessieren sich die Forschenden vor allem für das Verhältnis zwischen absorbiertem und reflektiertem Licht.
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Bei 630 Nanometern liegt die Farbe Rot. In dieser Aufnahme werden die roten Pigmente auf dem Fragment besonders gut reflektiert und erscheinen fast unsichtbar. Diese Pigmente sind meistens aus Zinnober oder Bleirot. Weiterhin wird eine zusätzliche Röntgenfluoreszenzanalyse einzelne Elemente wie Blei oder Quecksilber in den Pigmenten detektieren.
Nicht mehr sichtbar für das menschliche Auge, aber mit Kamerasensoren immer noch detektierbar, ist infrarotes Licht. Je nach der chemischen Zusammensetzung der Tinten werden diese teilweise oder ganz transparent. Dieses Verhalten der Tinten im Infrarot-Bereich hilft, zwischen rein pflanzlichen, metallischen und kohlenstoffhaltigen Tinten zu unterscheiden.
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Außer den LEDs in den Panelen des multispektralen Systems darf im Raum keine andere Lichtquelle existieren. Bei der Aufnahme bei 365 Nanometern UV Wellenlänge ist gut zu erkennen, dass die Aufnahmen immer in einem dunklen Raum stattfinden. Andernfalls würden die Informationen in den Aufnahmen verfälscht und wären die feinen Unterschiede in der Reflektanz nicht mehr detektierbar.
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Eingestellt sind hier 385 Nanometer Ultraviolett mit einem vor die Linse der Multispektralkamera vorgefahrenem Wratten R25 Filter. Dies ist eine sogenannte Fluoreszenzaufnahme oder auch „Filter Shot“. Hier werden die von dem Fragment reflektierten 385 Nanometer Photonen von dem Filter absorbiert. Nur die langwellige Fluoreszenz im Bereich von Rot und Infrarot wird detektiert. Ausgewaschene Schrift lässt sich in dieser Einstellung besonders gut sichtbar machen.
Foto: UHH/Kroeninger
Am Ende jeder Aufnahmesequenz werden die Bilder aus dem sichtbaren Bereich zu einem Bild zusammengerechnet. So ist es möglich, die Farben wesentlich akkurater aufzunehmen als mit einem RGB-Farbsensor. Es lässt sich erkennen, dass es sich bei der transferierten Schrift um musikalische Notation handelt. Mithilfe der aufgenommenen Bilder können auch die beiden Schriftebenen des Fragments voneinander getrennt werden, um sie einzeln untersuchen zu können.