200 Jahre Botanischer GartenIn Hamburg um die Welt
11. Oktober 2021, von Niklas Keller
Foto: UHH/Denstorf
Einmal um die Welt in nur wenigen Minuten! Das ermöglicht der Loki-Schmidt-Garten, der Botanische Garten der Uni Hamburg. Interessierte können auf dem Gelände in Klein Flottbek nicht nur die Pflanzenwelten der verschiedenen Klimazonen hautnah entdecken, sondern auch viel über Biologie und Botanik lernen.
Wenn Besucherinnen und Besucher den Loki-Schmidt-Garten in Klein Flottbek betreten, fällt ihr Blick direkt auf sieben riesige Mammutbäume, die an der ersten Weggabelung in die Höhe ragen. Geschützt unter den Mammutbäumen steht ein Denkmal für die 2010 verstorbene Loki Schmidt. Nach der versierten und leidenschaftlichen Botanikerin, die vom Fachbereich Biologie im Jahr 2000 die Ehrendoktorwürde für ihr Engagement im Naturschutz erhielt, wurde der Botanische Garten 2012 benannt.
„Der Stamm der Mammutbäume kann bis zu 13 Meter dick werden“, erklärt Dr. Carsten Schirarend, der seit 25 Jahren als wissenschaftlicher Leiter im Botanischen Garten wirkt. Normalerweise seien diese Bäume in Nordamerika zu finden, „aber hier in Hamburg sind sie mittlerweile ein Markenzeichen des Gartens“.
Reise durch die Klimazonen der Erde
Aufgeteilt ist der 25 Hektar große Botanische Garten in drei Bereiche. Im südlichen Teil liegt das Gebiet „Pflanze und Mensch“. Hier stehen Pflanzen, mit denen der Mensch besonders stark in Berührung kommt, etwa Gemüse und Gewürze. Stolz ist Schirarend auf regelmäßige Ernteaktionen für Kinder und die Grüne Schule, bei der Lehrerinnen und Lehrer Pflanzensetzlinge für ihre Schulklassen bestellen können. Im Zentrum des Loki-Schmidt-Gartens ist dann das „Pflanzen-System“ zu finden – in Form einer sogenannten phylogenetischen Uhr. Die Pflanzen werden hier anhand ihrer Verwandtschaft angeordnet und gruppiert.
Am nordöstlichen Rand des Gartens schließt sich das dritte Gebiet zur „Pflanzen-Geografie“ an. Hier sind Bäume und kleinere Gewächse auf Basis ihrer Herkunft angeordnet. Die Besucherinnen und Besucher können die Gefilde von Süd- und Nordamerika durchstreifen sowie japanische und chinesische Gärten bewundern. Auch durch Europa können sie reisen. „Am liebsten sitze ich auf einer Bank in unseren angelegten Alpen“, sagt Schirarend.
Enge Anbindung der Forschung
Doch der Botanische Garten ist nicht nur Naherholungsgebiet und Lehrgarten für die Öffentlichkeit, sondern verfolgt noch einen anderen Zweck: die Bereitstellung von Pflanzen für die Forschung. Vor allem das ebenfalls in Klein Flottbek gelegene Institut für Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie der Uni Hamburg profitiert von dem Garten mit seiner Fülle an kleinen und großen Gewächsen.
Im Gewächshaus sind zum Beispiel seltene Pflanzensammlungen untergebracht – etwa Mittagsblumengewächse, die ursprünglich in Südafrika beheimatet sind. „Nirgendwo außerhalb ihrer Heimat gibt es eine größere Sammlung als bei uns“, sagt Schirarend. Die Anzuchtgewächshäuser, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind, dienen im Winter zudem als Schutz für Pflanzen, die die Kälte in Deutschland nicht überleben würden.
Botanischer Garten wird 200 Jahre alt
Die heutige Forschung war bei der Gründung des Gartens 1821 noch nicht absehbar. Damals befand er sich vollständig auf dem Gelände des heutigen Planten un Blomen. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, wurde der Garten in den 1970er-Jahren nach Klein Flottbek verlegt. Nur die Schaugewächshäuser, die zurzeit renoviert werden, stehen noch am alten Standort.
Für das Jahr seines 200. Geburtstags waren im Botanischen Garten zahlreiche Veranstaltungen geplant, die wegen der Pandemie aber nicht umgesetzt werden können – auch weil der Park einige Monate schließen musste. Doch Carsten Schirarend, der im Herbst nach einem Vierteljahrhundert in Rente geht, und seine 80 Kolleginnen und Kollegen – darunter 50 Gärtnerinnen und Gärtner – geben die Hoffnung nicht auf: „Mit etwas Glück können nächstes Jahr einige Aktionen nachgeholt werden.“
Ein Projekt, das ursprünglich schon für 2020 geplant war, konnte dieses Jahr trotz Corona realisiert werden: Überall im Botanischen Garten stehen nun Tafeln zum Insektensterben. Auf den Schildern finden Interessierte auch Informationen darüber, wie man seinen eigenen Garten für Biene, Hummel und Co. attraktiv gestalten kann. Außerdem können Besucherinnen und Besucher Insektenführungen durch den Park buchen, um mehr über das Leben der Krabbeltiere zu erfahren. „Das Zusammenspiel zwischen Pflanzen und Insekten ist faszinierend. Es wäre toll, wenn dieses Thema auch zukünftig im Park eine Rolle spielt“, sagt Schirarend.
19NEUZEHN
Dieser Artikel ist in Ausgabe 17 des Hochschulmagazins 19NEUNZEHN zum Wintersemester 2021/22 erschienen. Die vollständige Ausgabe des Heftes sowie das Archiv der vergangenen Ausgaben finden Sie auf dem Online-Auftritt des Magazins.