Von Krediten und CreditpointsDie Herausforderungen der Studienfinanzierung
14. April 2020, von Felix Willeke
Foto: UHH/Wohlfahrt
Lehrbücher, Essen in der Mensa, Fahrten in die Heimat und dazu natürlich jeden Monat die Miete: Bei einem Studium geht es immer auch um das liebe Geld. In Sachen Studienfinanzierung gibt es etliche Möglichkeiten.
Ihren Bachelor hat sich Neele noch über Nebenjobs finanziert, zudem übernahmen ihre Eltern die Miete: „Ich habe auf 450-Euro-Basis gearbeitet und nebenbei babygesittet. Nach meinem Abschluss wollte ich Berufserfahrung sammeln und habe deswegen zweieinhalb Jahre in einer Kita als Sprachförderkraft gearbeitet.“
Dabei konnte die 26-Jährige ein wenig Geld ansparen, von dem sie nun während ihres Masterstudiums der Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg teilweise lebt. Zusätzlich hat sie einen Kredit bei der KfW-Bank aufgenommen: „Über den bekomme ich 650 Euro im Monat, muss das Geld aber später voll zurückzahlen“, erzählt die Studentin.
Größte BAföG-Hürde: Angst vor Verschuldung
„Ein Studienkredit ist eine Möglichkeit, für die sich in der Regel diejenigen entscheiden, die keine günstigere Finanzierung finden“, erklärt Birte Aye, die Leiterin des Beratungszentrums Studienfinanzierung beim Studierendenwerk Hamburg. Sie verweist dazu auf die 21. Sozialerhebung zur Situation der Studierenden, laut der sich in Hamburg nur knapp vier Prozent von ihnen über einen Kredit finanzieren. „Zuvor sollten die Studierenden klären, ob nicht eine BAföG-Förderung oder eine andere Finanzierungsmöglichkeit in Betracht kommt“, so Aye, „denn beim BAföG muss nur die Hälfte zurückgezahlt werden und das sind im Maximalfall 10.010 Euro.“ In Hamburg bekommen rund 18 Prozent der Studierenden BAföG. Die größte Hürde für die Studierenden ist dabei die Vermutung, keinen Anspruch zu haben, oder die Angst, sich zu verschulden. „Viele versuchen es nicht einmal“, bedauert Birte Aye.
Die Eltern sind die Hauptfinanzquelle
Durch ihre langjährige Erfahrung weiß Aye, dass in Sachen Studienfinanzierung kein Fall ist wie der andere. Für die meisten Studierenden in Hamburg sind allerdings immer noch die Eltern die Hauptfinanzquelle. Rund 84 Prozent bekommen von zuhause den Großteil des eigenen Einkommens – im Schnitt 587 Euro im Monat. Das schließt in vielen Fällen das Kindergeld mit ein, das Eltern bekommen und an ihre Kinder weitergeben.
Weil das jedoch nicht bei allen ausreicht, verdienen mehr als drei Viertel der Studierenden noch etwas dazu. So plant es auch Neele: „Im zweiten Semester werde ich wohl wieder in meinen alten Job zurückkehren, auf 450-Euro-Basis oder als Werkstudentin, denn mein Erspartes ist bald aufgebraucht.“ Studium und Arbeit hält sie für machbar, auch wenn es zeitlich schwierig wird. Ein Dilemma, von dem Birte Aye häufig hört: „Besonders in der Endphase des Studiums verschärft sich der Druck, auf der einen Seite die Abschlussarbeit und auf der anderen Seite die Finanzierung, zum Beispiel durch einen Nebenjob, unter einen Hut zu bekommen.“
Miete als Hauptposten bei den Ausgaben
In Hamburg sind dabei besonders die Mieten ein wesentlicher Faktor. Im Schnitt zahlen Studierende hier 374 Euro für ihre Unterkunft. Damit liegt die Hansestadt knapp auf Platz zwei der deutschen Großstädte hinter München (375 Euro). Neele zahlt für ihr WG-Zimmer in zentraler Lage 580 Euro, braucht dann noch 300 bis 400 Euro zum Leben. Die rund 1.000 Euro entsprechen ziemlich genau der Summe, die Hamburger Studierende im Durchschnitt pro Monat zur Verfügung haben. „Da reicht BAföG in der Regel nicht immer aus“ “, bestätigt auch Birte Aye, „der BAföG-Höchstsatz liegt seit dem Wintersemester 2019/20 bei 853 Euro.“
Stipendien sind eine oft unterschätzte Option
Neben dem Geld von den Eltern, einem Kredit oder dem BAföG gibt es noch weitere Möglichkeiten, so Birte Aye. Sie meint damit etwa Wohngeld, das zum Beispiel für Studierende mit überschrittener Regelstudienzeit interessant sei, oder auch Stipendien. „Für ein Stipendium braucht man kein Einser- Abitur“, sagt Aye. Oft reiche ein Schnitt – egal ob beim Abitur oder an der Universität – von 2,5.
Dafür gibt es weitere Kriterien wie Engagement, das viele in der Schule oder im außerschulischen Leben nachweisen können. Außerdem bieten viele Stiftungen spezielle Stipendien an, zum Beispiel für Studierende in besonderen Lebenssituationen oder für Studierende der Naturwissenschaften. „Viele dieser Stipendien sind häufig gar nicht bekannt. Und von denen, die sich letztendlich für ein staatliches Programm entscheiden, wird jeder Dritte bis Fünfte angenommen“, so die Expertin.
Beratungsangebote an der Universität
Das Studierendenwerk Hamburg bietet viele Informationen zum Thema Finanzierung – sei es zum BAföG, zu Stipendien oder zu Studienkrediten; es gibt auch einen Studienfinanzierungsrechner. Für Studierende insbesondere mit Flucht- und Migrationshintergrund hat das Studierendenwerk Hamburg das „Hamburg Stipendium“ entwickelt, das auch Unternehmen als Förderer einbezieht. Darüber hinaus werden Vorträge und Einzelberatungen im Beratungszentrum Studienfinanzierung des Studierendenwerks Hamburg angeboten. Auch die Universität hat ein umfangreiches Angebot.
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Der Artikel ist in der aktuellen Ausgabe der 19NEUNZEHN erschienen. Die Ausgabe erscheint aufgrund der Corona-Pandemie vorerst nur online.