Weniger Stinte in der Tideelbe – CeNak auf Ursachenforschung
7. März 2019, von Anna Priebe

Foto: wikipedia/Staro1
Der Bestand der Stintpopulation in der Tideelbe rund um Hamburg geht in den vergangenen Jahren zurück. Doch warum? Und wie kann man den Trend umkehren? Unter Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg sollen diese und weitere Fragen zur Fischfauna wissenschaftlich bearbeitet werden. Prof. Dr. Ralf Thiel, Leiter der Abteilung für Ichthyologie, im Interview.
Die Artenzusammensetzung und die Bestandsentwicklung der Fischfauna in der Tideelbe sollen genauer untersucht werden. Welchen Beitrag wird das CeNak leisten?
Die Fischfauna der Tideelbe ist seit fast 30 Jahren ein Schwerpunkt meiner Arbeitsgruppe. Wir haben in dieser Zeit zehn Forschungsprojekte durchgeführt und als Ergebnis zahlreiche Publikationen zum Thema Elbefische verfasst. Diese Fachkompetenz aus vorangegangenen Untersuchungen werde ich als Vertreter der Wissenschaft mit einbringen. Selbstverständlich möchte das CeNak auch zukünftig aktiv an der Erforschung der Fische der Tideelbe mitwirken.
Wie wird die Forschung konkret aussehen – direkt vor Ort oder eher über die Auswertung von Daten?
Sowohl über Daten als auch in Freiland und Labor. Der Fokus soll dabei auf dem Stintbestand der Tideelbe liegen, da er seit etwa fünf Jahren einen abnehmenden Trend zeigt.
Derzeit untersucht meine Masterkandidatin Lisa Matthiesen im Rahmen ihrer Abschlussarbeit die Aufwuchsbedingungen von Stintlarven in der Tideelbe bei Hamburg. Als Ergebnis ihrer Forschung erhoffen wir uns beispielsweise eine Aussage darüber, ob der Bestandsrückgang des Stintes auf einen verminderten Fortpflanzungserfolg oder auf ein unzureichendes Nahrungsangebot zurückgeführt werden kann. Dazu wird u. a. die Wachstumsrate der Stintlarven bestimmt, die man anhand ihrer Gehörsteine untersucht.
Für eine umfassende Ursachenforschung müssten aber in Zukunft mögliche Einflussfaktoren über den gesamten Lebenszyklus des Stintes, also vom Ei bis zum laichreifen Individuum, betrachtet werden. Dafür gibt es bisher aber keine Finanzierung.
Welche Folgen hat der Rückgang der Stinte?
Der Stint ist die häufigste Fischart in der Tideelbe stromab Hamburgs und eine der wichtigsten Schlüsselarten im Nahrungsnetz. Er frisst vor allem eine bestimmte Art von Ruderfußkrebsen (Eurytemora affinis) und die Schwebegarnele Neomysis integer, die im Frühjahr in seinen wichtigsten Aufwuchsgebieten, dem Mühlenberger Loch und der Hahnöfer Nebenelbe, normalerweise in hoher Dichte vorkommen. Der Stint selbst ist zudem wichtige Nahrung anderer Fischarten, wie Zander, Aal, Meerforelle und auch von Finte und Schnäpel, die nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union unter Schutz stehen. Wenn der Stintbestand noch weiter abnimmt, kann nicht nur der Bestand der geschützten Arten, sondern das Nahrungsnetz und damit die Lebensgemeinschaft der Tideelbe insgesamt beeinträchtigt werden.
Initiative Elbfische
Um die aktuellen Fragestellungen zu bearbeiten und mögliche Maßnahmen zur nachhaltigen Förderung der Fischfauna in der Tideelbe umsetzen zu können, hat sich im November 2018 die „Initiative Elbfische“ gegründet. Vertreten sind neben der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (Oberste Fischereibehörde) und der Behörde für Umwelt und Energie (Abteilung Wasserwirtschaft) der Deutsche Fischerei-Verband, der Angelsport-Verband Hamburg, die Berufsfischerei sowie die Universität Hamburg durch die Abteilung Ichthyologie des Centrums für Naturkunde.
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