Sie waren sechs Wochen auf See und haben sich den Geheimnissen der Tiefsee in einem „Schwimmenden Forschungslabor“ genähert: 39 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unter anderem vom Zoologischen Museum der Universität Hamburg, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und von der Universität Köln.
Während der Jungfernfahrt des FS SONNE erforschten sie eine der größten tektonischen Bruchzonen des Atlantiks und konnten nachweisen, dass der Mittelatlantische Rücken als Unterwasser-Gebirge eine natürliche Grenze für Meeresbodenbewohner darstellt. Erkenntnisse zu solchen natürlichen Barrieren helfen Zoologen und Biologen, Prozesse der Evolution und die Ausbreitung der Organismen (Biogeographie) besser zu verstehen.
„In den Schlickproben östlich und westlich des Gebirges fanden wir zum Teil unterschiedliche Arten“, berichtet die Zoologin Prof. Dr. Angelika Brandt, Universität Hamburg. „Möglicherweise ist der Mittelatlantische Rücken eine Barriere und isoliert bestimmte Arten voneinander.“ Manche Lebensformen besiedeln hingegen die Meeresbecken auf beiden Seiten des Rückens. Diese könnten durch den sogenannten Vema-Graben auf die andere Seite des unterseeischen Gebirges gelangt sein.
Überraschender Fund: Manganknollen
Das Forscherteam senkte im Rahmen der Expedition Schleppgeräte wie den drei Meter langen Epibenthos-Schlitten in bis zu 8.338 Metern Tiefe (im sogenannten Puerto-Rico-Graben). Sie zogen ihn durch das Wasser und über den Meeresboden, um Tiefseeorganismen wie Muscheln und Krebse zu untersuchen. Als der Schlitten am 11. Januar auftauchte, hatten sich schon viele Biologinnen und Biologen in der warmen Mittagssonne an Deck versammelt.
„Was sich uns dann für ein Anblick bot, als sich der Schlitten aus den Wellen erhob, überraschte nicht nur uns Biologen, sondern vor allem auch die Geologen: Die Planktonnetze waren gefüllt mit Manganknollen in der Größe von Golfbällen bis zu der Größe von Kegelkugeln“, berichtet Dr. Nikolaus Elsner, Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg (CeNak), im OCEAN-Blog.
„Manganknollen finden sich zwar in allen Meeren. Aber die größten Vorkommen sind aus dem Pazifik bekannt. Knollen dieser Größe und in dieser Dichte sind aus dem Atlantik bisher nicht bekannt“, sagt der Fahrtleiter der Expedition, der Geologe Professor Dr. Colin Devey vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Mit Wachstumsraten zwischen einem und fünf Millimetern in einer Million Jahre könnten einige der Knollen über 10 Millionen Jahre alt sein. Fotos, die der Epibenthos-Schlitten aufgenommen hat, zeigen, dass die Knollen in dem untersuchten Bereich dicht an dicht auf dem Boden des Atlantiks liegen.
Die Knollen, die meist in Tiefen unterhalb von 4.000 Metern auf den großen Tiefsee-Ebenen liegen, bestehen nicht nur aus dem namengebenden Mangan, sondern enthalten auch Eisen sowie Metalle wie Kupfer, Cobalt oder Zink. Wissenschaftlich sind sie hochinteressant, weil sie während ihres Wachstums – ähnlich wie eine Perle wachsen sie schalenförmig um einen Nukleus herum – viele Informationen über die jeweils herrschenden Umweltbedingungen aufzeichnen. Da die Knollen sehr langsam wachsen, ermöglichen sie mit entsprechend feinen Analysemethoden eine sehr weit in die Erdgeschichte zurückreichende Umweltrekonstruktion.
Weihnachten und Neujahr mit der Crew
Die technische und logistische Koordination des neuen Forschungsschiffs Sonne liegt bei der Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe, Centrum für Erdsystemforschung (CEN) der Universität Hamburg. Die Reederei Briese aus Leer stellt die 31-köpfige Besatzung, die nicht nur das derzeit modernste Forschungsschiff der Welt betreuen, sondern auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kompetent unterstützen. Wie gut die Crew und die Wissenschafts-Teams zusammenarbeiten, wird im OCEAN-Blog immer wieder deutlich. „Wenn man sechs Wochen, sogar über Weihnachten und Neujahr gemeinsam auf Forschungsexpedition ist, wächst man wie eine Familie zusammen“, so die Meeresforscherin Brandt.
PM/Red.