1. Februar 2024
Ergebnisse des neuen „Sustainability Transformation Monitors“Große Mehrheit der Unternehmen rückt Nachhaltigkeit ins Zentrum
Foto: Sustainability Tansformation Monitor
Unternehmen professionalisieren ihr Nachhaltigkeitsmanagement zunehmend. Es geht nicht mehr um die Frage des „Ob“, sondern des „Wie“. Denn trotz multipler Krisen ist das Thema Nachhaltigkeit für mehr als drei Viertel wichtiger oder viel wichtiger geworden, für mehr als die Hälfte der Unternehmen ist es bereits zentraler Teil der Unternehmensstrategie.
Allerdings sieht sich nur etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen der Aufgabe gewachsen, den regulatorischen Anforderungen zur Nachhaltigkeit nachzukommen, die der Gesetzgeber ab diesem Jahr sukzessive 15.000 Unternehmen auferlegt. Der Wert schwankt stark in Abhängigkeit davon, ob Unternehmen in der Vergangenheit bereits über Nachhaltigkeit berichtet haben, und wann sie von der Berichterstattungspflicht zur Nachhaltigkeit (CSRD) betroffen sind.
Überwiegende Mehrheit erkennt Mehrwert der Berichterstattung zur Nachhaltigkeit
Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen (67 Prozent) erkennt jedoch in der erweiterten Berichterstattung einen Mehrwert für die Weiterentwicklung der eigenen Organisation sowie eine größere Transparenz für Stakeholder. 80 Prozent der Befragten und damit acht Prozent mehr als im Vorjahr bestätigen, dass das Thema beim Vorstand verankert ist. In 54 Prozent der Unternehmen der Realwirtschaft ist Nachhaltigkeit zudem als strategisches Ziel festgeschrieben. „Unser Sustainability Transformation Monitor zeigt, dass Nachhaltigkeit viel stärker in den Fokus der Unternehmen gerückt ist. Es geht voran, vor allem die regulatorische Architektur scheint zu wirken. Aber es gibt keinen Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen“, sagt Jakob Kunzlmann, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung. An der Befragung haben sich Nachhaltigkeitsverantwortliche aus 362 Unternehmen beteiligt, davon gut 270 aus Unternehmen der Realwirtschaft und mehr als 90 aus Unternehmen der Finanzwirtschaft.
Zukünftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Klimakrise sowie die Energiepreise sind wichtige Treiber
„Der Klimawandel ist das größte Risiko für unser Wirtschafts- und Finanzsystem. Klimaschutz muss daher als zentrales Ziel bei Investitionsentscheidungen integriert werden. Für die Realwirtschaft ist dies eine strategische Notwendigkeit“, erklärt Philipp Wesemann, Klimaschutz-Experte bei der Stiftung Mercator. Immerhin die Hälfte der befragten Banken berücksichtigten bei der Kreditvergabe und der Festlegung der Zinssätze Nachhaltigkeitskriterien. „Und die Unternehmen registrieren, dass der Einsatz für mehr Nachhaltigkeit ihre Arbeitgebermarke stärkt.“
Denn zukünftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden in der Realwirtschaft von gut der Hälfte der Befragten „eher als Treiber“ wahrgenommen, 16 Prozent empfinden sie als starken Treiber. „Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels und der gestiegenen Ansprüche von potenziellen Mitarbeitenden an die Nachhaltigkeit ihrer Arbeitgeber können es sich Unternehmen oft nicht leisten, das Thema zu ignorieren“, kommentiert Laura Marie Edinger-Schons, Professorin für nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Hamburg und Chief Sustainability Officer der Hochschule. „Der Wettbewerb um die besten jungen Köpfe ist also ein stärkerer direkter Treiber der Nachhaltigkeit in den Unternehmen als Klimaaktivismus auf der Straße.“
Zwar nehmen die Blockaden von Klimaaktivistinnen und -aktivisten in der öffentlichen Wahrnehmung breiten Raum ein. Laut der Befragten werden die Aktionen dennoch selten als direkter Treiber der Nachhaltigkeitsaktivitäten der Unternehmen wahrgenommen. Nur fünf Prozent der Befragten in der Realwirtschaft sagen, die Aktivistinnen und Aktivisten seien ein „starker“ Treiber für ein nachhaltigeres Wirtschaften.
Allerdings spielen nicht nur menschliche Akteurinnen und Akteure eine wichtige Rolle als Treiber oder Bremser. Neben dem Klimawandel (83 Prozent) sind auch die gestiegenen Energiepreise entscheidend als Treiber in Richtung Nachhaltigkeit. Das sagen 60 Prozent der Befragten aus der Realwirtschaft. Gleichzeitig nennen 54 Prozent der Befragten das Thema Inflation als zentrales Hemmnis für die Transformation.
Sustainable Finance: Potenzial der Transformationsfinanzierung nicht ausgeschöpft
Der Finanzwirtschaft kommt in der Nachhaltigkeitstransformation eine wichtige Steuerungsfunktion zu. Wenn Gelder verstärkt nach Nachhaltigkeitskriterien vergeben werden, sinken die Möglichkeiten der Kapitalaufnahme bzw. steigen die Kapitalkosten für nicht nachhaltige Unternehmen. Aber nur ein Drittel der Unternehmen gibt an, dass Nachhaltigkeit schon eine wichtige Rolle bei der Finanzierung ihrer Organisation spielt. Dem stehen 40 Prozent gegenüber, für die das Thema noch eher unwichtig ist. Das könnte sich in Zukunft ändern. Denn den Investitionsbedarf zur Finanzierung der Transformation sehen die Unternehmen als hoch an. Mehr als die Hälfte geht davon aus, dass ihr Unternehmen dabei auf Fremdkapital angewiesen sein wird.
Die Relevanz von Nachhaltigkeit in Finanzierungsgesprächen schätzen Real- und Finanzwirtschaft unterschiedlich ein. Die befragten Banken nehmen das Thema bereits überwiegend als wichtig oder sehr wichtig wahr (78 Prozent), die breite Masse der Realwirtschaft misst dem Thema hingegen noch keine so hohe Bedeutung bei (40 Prozent). Beide Welten sind sich jedoch einig, dass Nachhaltigkeit in der Finanzierung zukünftig weiter an Relevanz gewinnen wird, neben klassischen Kriterien wie Preis und Kreditwürdigkeit. Viele Banken bieten Unternehmen bereits Produkte zur Finanzierung der Nachhaltigkeitstransformation an – die Nachfrage von Seiten der Unternehmen danach ist aber noch verhalten.
Sustainability Transformation Monitor
An der Online-Befragung für den Sustainability Transformation Monitor 2024 (STM) haben sich 362 Unternehmen beteiligt. Das Ziel des STM ist es, die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft evidenzbasiert zu begleiten. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem effektiven Zusammenwirken von Real- und Finanzwirtschaft in der Transformation. Er wird jährlich neu aufgelegt. Der STM ist zum zweiten Mal in Kooperation der Bertelsmann Stiftung, der Stiftung Mercator, der Universität Hamburg und der Peer School for Sustainable Development entstanden. Der STM wird von einem breiten Partnernetzwerk unterstützt: dem Rat für Nachhaltige Entwicklung, dem UN Global Compact Netzwerk Deutschland, dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, B.A.U.M., der Wissenschaftsplattform Sustainable Finance und CRIC.
Die vollständige Studie zum Download sowie zahlreiche Grafiken zu den Ergebnissen finden Sie auf der Seite der Bertelsmann Stiftung.
Über die Universität Hamburg: Der Forschung – Der Lehre – Der Bildung
Die 1919 gegründete Universität Hamburg ist eine der forschungsstärksten Universitäten Deutschlands. Mit ihrem Erfolg bei der „Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder“ zur Förderung der universitären Spitzenforschung in Deutschland ist sie seit 2019 Exzellenzuniversität. Mehr als 43.000 Studierende sind in den rund 180 Studiengängen eingeschrieben. Nachhaltigkeit spielt dabei in allen universitären Bereichen von Forschung und Transfer über die Lehre bis zur Administration eine maßgebliche Rolle. Koordiniert werden die Maßnahmen und Tätigkeiten im Bereich der Nachhaltigkeit seit Dezember 2022 durch das Sustainability Office unter Leitung der Chief Sustainability Officer, Prof. Dr. Laura Marie Edinger-Schons.
Weitere Informationen: www.uni-hamburg.de
Über die Bertelsmann Stiftung: Menschen bewegen. Zukunft gestalten.
Die Bertelsmann Stiftung setzt sich dafür ein, dass alle an der Gesellschaft teilhaben können – politisch, wirtschaftlich und kulturell. Unsere Programme: Bildung und Next Generation, Demokratie und Zusammenhalt, Digitalisierung und Gemeinwohl, Europas Zukunft, Gesundheit, Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft. Dabei stellen wir die Menschen in den Mittelpunkt. Denn die Menschen sind es, die die Welt bewegen, verändern und besser machen können. Dafür erschließen wir Wissen, vermitteln Kompetenzen und erarbeiten Lösungen. Die gemeinnützige Bertelsmann Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet.
Weitere Informationen: www.bertelsmann-stiftung.de
Über die Stiftung Mercator:
Die Stiftung Mercator ist eine private, unabhängige und gemeinnützige Stiftung, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Expertise und praktischer Projekterfahrung handelt. Seit 1996 tritt sie für eine solidarische und partizipative Gesellschaft ein. Dazu fördert und entwickelt sie Projekte, die Chancen auf Teilhabe und den Zusammenhalt in einem diverser werdenden Gemeinwesen verbessern. Die Stiftung Mercator setzt sich für ein weltoffenes, demokratisches Europa ein, eine an den Grundrechten orientierte digitale Transformation von Staat und Gesellschaft sowie einen sozial gerechten Klimaschutz. Die Stiftung Mercator engagiert sich in Deutschland, Europa und weltweit. Dem Ruhrgebiet, Heimat der Stifterfamilie und Stiftungssitz, fühlt sie sich besonders verbunden.
Weitere Informationen: www.stiftung-mercator.de; www.aufruhr-magazin.de – Das Magazin der Stiftung Mercator
Über die Peer School for Sustainable Development e.V.:
Wir verstehen die Peer School for Sustainable Development als disruptiven Lernraum. Wir bieten Fachverantwortlichen für Nachhaltigkeit aus Unternehmen, Stiftungen und Wissenschaft, sowie dem Nachwuchs im Nachhaltigkeitsbereich die Möglichkeit, gemeinsam zu lernen und spezifisches Fachwissen sowie Erfahrungen untereinander zu teilen. Unsere über 200 Mitglieder bzw. Scholars verstehen sich als Lehrende und Lernende und bringen eigene Impulse ein. Unsere Vision wollen wir durch regelmäßigen, persönlichen Austausch, die gegenseitige Vermittlung von Wissen und die gemeinsame Weiterentwicklung des Fachthemas erreichen.
Weitere Informationen: www.peerschool.de