Was wurde bisher erreicht?Zwischenbilanz des Exzellenzclusters „Quantum Universe"
19. Mai 2023, von Newsroom-Redaktion
Foto: UHH/Grefe
Seit 2019 ist die Uni Hamburg Exzellenzuniversität, im Jahr davor wurden vier Cluster eingeworben. Was wurde seitdem unternommen und wie wurden die Fördermittel verwendet? Der Exzellenzcluster „Quantum Universe“ berichtet über seine Aktivitäten in der Astro-, mathematischen und Teilchenphysik.
Was ist dunkle Materie? Was verraten uns Gravitationswellen über den Urknall und die Entwicklung des Universums? Und wie vereinbar sind physikalische Theorien wie Einsteins Relativitätstheorie und die ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Quantentheorie?
Fragen wie diese stehen im Zentrum der Forschung am Exzellenzcluster „Quantum Universe“, der 2019 aus einem seit 2006 geförderten Sonderforschungsbereich hervorgegangen ist. Um sie zu beantworten, gliedert sich der Cluster in vier Bereiche: Physik des Higgs-Bosons, Dunkle Materie, Gravitationswellen und Quantentheorien. In diesen vier Bereichen arbeiten etwa 80 Forschende, die direkt am Cluster angestellt sind. Sie werden von rund 200 weiteren Kolleginnen und Kollegen von der Universität Hamburg und vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY unterstützt.
Perspektivisch sollen alle experimentell arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Clusters mitsamt ihren Laboren gemeinsam in einem Gebäude untergebracht werden: in dem architektonisch ambitionierten Forschungsneubau HAFUN in der Science City Hamburg Bahrenfeld. Die Theoretikerinnen und Theoretiker finden in der direkten Nachbarschaft eine neue Heimat, im Wolfgang Pauli Centre. Die räumliche Nähe von theoretisch arbeitenden und experimentell forschenden Clustermitgliedern soll deren enge Zusammenarbeit weiter intensivieren. Sie war von Anfang an ein besonderes Kennzeichnen von „Quantum Universe“.
Publikationen, Förderungen und Kooperationen
Bisher haben die Clustermitglieder mehr als 1000 wissenschaftliche Publikationen erarbeitet. Die Mehrheit dieser Publikationen ist nach Open Access-Standards frei zugänglich. Forschungshighlights der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler werden (auf Englisch) auf der Website des Exzellenzclusters präsentiert.
„Quantum Universe“ ist an zahlreichen Drittmittelprojekten beteiligt. Zu den größten gehören das Projekt „KISS: Künstliche Intelligenz zur schnellen Simulation von wissenschaftlichen Daten“. Hier fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die KI-basierte Simulationsprozesse entwickeln, welche im Vergleich zu herkömmlichen Methoden eine schnellere, flexiblere und effizientere Auswertung von Forschungsdaten ermöglichen.
Im Rahmen des sogenannten CMS-Experiments am größten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem LHC am CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) in Genf, machen Forschende des Exzellenzclusters Jagd auf neue, noch unbekannte Elementarteilchen. Und mit der Entwicklung neuartiger Technik beteiligen sie sich an der Gravitationswellenforschung der Europäischen Weltraumagentur ESA.
Der Exzellenzcluster hat mehrere Emmy Noether Gruppen eingeworben, zuletzt zwei in der Mathematik. Dr. Sven Möller befasst sich mit Theorien, die an der Schnittstelle zur Teilchenphysik Wechselwirkungen zwischen den kleinsten Bausteinen der Materie beschreiben und Dr. David Reutter erforscht mathematische Theorien, die das Verhalten von Feldern in Räumen mit mehr als drei Dimensionen beschreiben.
Die wichtigste Einzelförderung hat der Astrophysiker Prof. Dr. Stephan Rosswog eingeworben: Für die Erforschung von Neutronensternen erhielt er einen mit 2,5 Millionen Euro dotierten ERC Advanced Grant. Freya Blekman 2021 wurde mit einem Helmholtz Distinguished Professorship ausgezeichnet und an die Universität Hamburg und DESY berufen. Dadurch wurde die Arbeit des Exzellenzclusters im Bereich der experimentellen Teilchen weiter gestärkt.
Konferenzen, Unterstützung für Akademikerinnen und den Nachwuchs
Mit finanzieller Unterstützung des Clusters wurden eine Reihe von Workshops und Konferenzen organisiert, wenn auch pandemiebedingt teilweise in geringerem Umfang als geplant oder digital statt vor Ort. Hervorzuheben ist die High-Energy Physics-Konferenz der Europäischen Physikalischen Gesellschaft 2021 (EPS-HEP 2021) mit über 1000 Online-Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Im Sommer 2023 wird eine Folgekonferenz in Hamburg stattfinden.
Dank des neu geschaffenen Beate Naroska-Gastprofessorinnenprogramms konnten bisher sechs herausragende Wissenschaftlerinnen für Forschungsaufenthalte nach Hamburg eingeladen werden. Zu ihnen gehörten beispielsweise die theoretische Physikerin Prof. Dr. Claudia de Rham vom Imperial College London oder Prof. Dr. Belen Gavela von der Universidad Autónoma de Madrid.
Eines der Hauptziele des Exzellenzclusters „Quantum Universe“ ist es, die besten jungen Talente nach Hamburg zu holen und ihnen hervorragende Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten zu bieten. PhDs, Postdocs und Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter finden an der „Quantum Universe Research School“ exzellente Rahmenbedingungen. An der Graduiertenschule sind derzeit rund 80 Promovierende eingeschrieben. Etwa ein Dutzend bekamen ihren Doktortitel bereits verliehen.
Projekte wie die Diversity-Tage, der Women’s Career Day oder der Girls’Day finden regelmäßig in Zusammenarbeit mit der Universität bzw. ihren anderen drei Exzellenzclustern statt. Sehr erfolgreich sind zudem die Physik-Projekttage, die jährlich etwa 50 Oberstufenschülerinnen einen hautnahen Einblick in die Forschung geben.
Innovative Formate für publikumswirksame Veranstaltungen
Neben seiner Beteiligung an den etablierten Formaten „Wissen vom Fass“ und „Wir wollen’s wissen“ hat „Quantum Universe“ eine Reihe neuer Formate entwickelt: zum Beispiel die Spiele-App „Trapped in Gravity“ mit Informationen zu Schwarzen Löchern und Gravitationswellen.
Die Ausstellung „Wie alles begann. Von Galaxien, Quarks und Kollisionen“ wurde vom 25. Oktober 2022 bis zum 7. Mai 2023 im Hamburger Museum der Arbeit gezeigt. Mit ihrem umfangreichen Begleitprogramm hat sie Einblicke in die Forschungsarbeit des Exzellenzclusters gegeben und rund 25.000 Besucherinnen und Besucher angezogen. Im April 2023 folgte in der Hauptkirche St. Katharinen eine Aufführung der Oper „Schöpfung“, komponiert von der in Hamburg aufgewachsenen Sängerin und Komponistin Gloria Bruni, die Tochter eines Physikers ist.
Serie zur Halbzeit der Exzellenzcluster und Exzellenzuniversität
Im Juli 2019 wurde die Universität Hamburg von Wissenschaftsrat, Bund und Ländern mit dem Titel Exzellenzuniversität ausgezeichnet – als eine von insgesamt nur elf Universitäten und Universitätsverbünden bundesweit. Seit November 2019 läuft die Förderung.
Voraussetzung für diese Auszeichnung war die Einwerbung von mindestens zwei Exzellenzclustern. An der Universität Hamburg sind seit 2018 sogar vier Cluster beheimatet. In einer Serie stellen wir vor, was an der Exzellenzuniversität und in den vier Exzellenzclustern bisher erreicht worden ist.
Lesen Sie in den kommenden Tagen auch unsere Pressemitteilung zur Halbzeit der Exzellenzuniversität Hamburg.